Pkw-Maut oder Vignette? – Umsetzbar!
Die chronische Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland, technische Optionen rund um Maut und Vignette sowie mögliche Beiträge zu Klimaschutz und Stauvermeidung wurden auf dem gestrigen Symposium „Pkw-Maut und Vignette in Deutschland“ von hochkarätigen Experten diskutiert. Kontroverse Fragen zur politischen Umsetzbarkeit sowie zum Datenschutz waren weitere Themen des vom Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) veranstalteten Symposiums.
Rahmenbedingungen: Wir fahren auf Verschleiß!
Die Verkehrsinfrastrukturen in Deutschland sind zum weitaus größten Teil durch Steuern finanziert. Auf allen staatlichen Ebenen stehen jedoch nicht mehr genug Gelder für Neubau, Ausbau und Instandsetzung von Straßen zur Verfügung. Hierüber waren sich alle Experten einig. Die Höhe dieser finanziellen Mittel ist in aller Regel abhängig von kurzfristigen politischen Zwängen und nicht vom langfristigen volkswirtschaftlichen Bedarf, sagte Karl-Hans Hartwig, Verkehrswissenschaftler an der Uni Münster. Die Situation kann sich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise noch weiter verschärfen und es drohen weitere Haushaltslöcher und ein erheblich steigender Konsolidierungsbedarf.
Vignetten- oder Maut-Lösungen relativ schnell umsetzbar
Trotz aller anders lautenden politischen Bekenntnisse müssen alternative Straßenfinanzierungsformen wie Benutzungsgebühren für Pkw geprüft werden. Deren Vorteil wären die quasi direkte Finanzierung der Straßen durch ihre Nutzer – mit stabilen und von der öffentlichen Haushaltslage unabhängigen Einnahmen. Sie flössen zweckgebunden in den Ausbau und – heute viel wichtiger – in den Erhalt den der Verkehrswege. Rolf Herzog, Geschäftsführer des im Ausland tätigen Mautbetreibers AGES, sprach von 4 Mrd. €, die durch eine Straßengebühr von 100 € im Jahr erlöst werden könnten. Technisch umsetzbar wären relativ schnell verschiedene Vignettenlösungen. Aber auch eine kilometerabhängige, satellitengestützte Pkw-Maut, die das Verkehrsgeschehen elektronisch erfasst und je nach Tageszeit und Aufkommen bepreist, scheint binnen weniger Jahre realisierbar, Wie die anwesenden Industrievertreter versicherten.
Datenschutzprobleme müssen vermieden werden
Zweifellos wäre eine bundesweite Pkw-Maut nicht unproblematisch. Zwar würden die nicht im Inland zugelassenen Pkw den Erhalt der benutzten Straßen mitbezahlen, die Erfassungsinfrastruktur müsste aber installiert und die riesige Anzahl gleichzeitiger Zahlungsvorgänge gemanagt werden. Die entsprechenden Kosten sind nicht unbeträchtlich. Außerdem müssen Datenschutzbelange berücksichtigt werden. Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, wies im Rahmen seines Vortrages darauf hin, dass jeder mögliche Datenmissbrauch, z.B. die Erstellung von Bewegungsprofilen außerhalb der Erfassungsgeräte im Fahrzeug, von vornherein ausgeschlossen werden muss.
Politik muss sich an das Thema herantrauen
Die Nutzerfinanzierung von Straßen stößt in der Politik heute meist auf breite, demonstrative Ablehnung, da sie es den Bürgern für nicht vermittelbar hält. Dabei lehrt die Erfahrung aus anderen Zusammenhängen, dass Politiker zum einen den Einfluss der Medien auf die öffentliche Meinung stark überschätzen. Dies verdeutlichte Hans Mathias Kepplinger vom Institut für Publizistik der Uni Mainz, anhand eigener Erhebungen. Zum anderen sind Entscheidungen gegen eine reale Mehrheitsmeinung nur dann umsetzbar, wenn ein fester politischer Wille besteht, alle Hintergründe und Fakten transparent kommuniziert werden und eine klar definierte Umsetzungsstrategie dahinter steht, stellte InnoZ-Geschäftsführer Jürgen Peters fest.
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