Wie Kinder sprechen lernen
Hinweise auf eine „ideale Inputsprache“, die Kindern das Sprechenlernen erleichtern, konnte Mark Niederhagen aus den Ergebnissen seiner Staatsarbeit „Empirische Studien zur Bedeutung sprachlicher Interaktionen für den kindlichen Spracherwerb“ (Fakultät für Philologie, Prof. Dr. Wolfgang Boettcher) ableiten. Erwachsene und auch ältere Kinder wenden Kleinkindern gegenüber bestimmte Strategien an, die ihnen das „Bauprinzip“ der Muttersprache näher bringen. Syntax, Lautsystem und Lexikon lernen Kinder so durch stete Interaktion mit Bezugspersonen scheinbar ganz nebenbei. Für seine Arbeit hat Mark Niederhagen einen der Preise an Studierende 2000 der RUB erhalten.
Sich behaupten heißt mitreden
Von Geburt an befindet sich ein Kind in einer Gemeinschaft, die sich hauptsächlich über Sprache verständigt – wer Wünsche und Gefühle ausdrücken, auffordern, hinweisen, handeln will, muss mitreden. Auch wenn anfangs das gegenseitige Verstehen noch nicht so ausgereift ist, findet eine sprachliche Interaktion mit Kindern schon sehr früh statt und prägt ihre weitere Entwicklung: Innerhalb kürzester Zeit reift das Kind dadurch zu einem kompetenten Gesprächspartner heran und erkennt semantische Rollen und Relationen, die es mit der Zeit syntaktisch auszufüllen lernt.
Strategien leisten Hilfestellung
Um die Bedeutung sprachlicher Interaktionen für den kindlichen Spracherwerb zu untersuchen, machte Mark Niederhagen in dreimonatigen Abständen über die ersten fünf Lebensjahre eines Kindes hinweg Aufnahmen von dessen „Gesprächen“, die er später auswertete. Dabei stellte er fest, dass beim Sprechen mit Kleinkindern verschiedene Strategien zum Einsatz kommen – sei es bewusst oder unbewusst – die ihm das Verständnis erleichtern: Die ideale „Inputsprache“ enthält z. B. eine markante Intonation, Redundanzen (Wiederholungen einzelner Wörter, von Satzteilen oder ganzen Sätzen), häufige Fragen, besondere Herausstellungsstrukturen wie die „Rechtsversetzung“ von infiniten Verben oder Verbzusätzen und Satzgliedern, Reformulierungen, bei denen schon Bekanntes in neuer syntaktischer Umgebung wiederholt wird, und Expansionen, d.h. Bekanntes wird sukzessive erweitert. Auch alltägliche Kommunikationsformen wie das Vortragen von Geschichten und Liedern erfolgt häufig mit semantisch-syntaktischen Leerstellen.
Kinder als vollwertige Gesprächspartner verstehen
Durch die Ergebnisse erhofft sich Niederhagen eine bewusstere Auseinandersetzung mit den Strukturen und Strategien, die dem Kind das Sprechenlernen erleichtern. Gesprächspartner sollten sich in die Situation des Kindes hineinversetzen, möglichst viel mit ihm sprechen und es von Geburt an als vollwertigen Gesprächspartner begreifen.
Weitere Informationen:
Mark Niederhagen, Rölscheider Str. 61, 42657 Solingen, Tel. 0212/2472091, E-Mail: MarkNiederhagen@web.de
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