"Gezinkter" Weizen

Zink ist, wie z.B. auch Jod oder Eisen, einer der etwa 20 essentiellen Mineralstoffe die der Mensch zum Leben braucht. Zink ist zwar in vielen Nahrungsmitteln vorhanden, aber nur in Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten kommt es in höheren Konzentrationen vor. In vielen pflanzlichen Nahrungsmitteln wird die Zinkaufnahme zudem durch das ebenfalls enthaltene Phytat gestört.

In reicheren Ländern können die Menschen ihren Tagesbedarf an Zink in der Regel über die Ernährung decken. In Entwicklungsländern, wo sich große Bevölkerungsgruppen armutsbedingt fast nur von Grundnahrungspflanzen ernähren, ist Zinkmangel jedoch weit verbreitet: Schätzungen zufolge sind über 30 Prozent der Menschen weltweit betroffen. Da Zinkmangel die Anfälligkeit für schwere Durchfallerkrankungen, Lungenentzündung und Malaria erhöht, trägt er jedes Jahr zum Tod von fast 800.000 Kindern bei, insbesondere in Afrika und Asien.

Wissenschaftlern ist es nun gelungen Weizen zu züchten, der mehr Zink enthält. Ziel dieser Anstrengungen ist es, den „stillen“ Hunger zu bekämpfen – Mangelernährung aufgrund von Vitamin- und Mineralstoffdefiziten äußert sich nicht in einem Hungergefühl, diese Art von Hunger ist also „still“. Die Folgen für die Gesundheit sind jedoch nicht weniger dramatisch: Die Weltgesundheitsorganisation hat berechnet, dass Mikronährstoffmangelerscheinungen weltweit das zweitgrößte Gesundheitsrisiko darstellen. Für die Pflanzenforschung in Entwicklungsländern bedeutet dies, dass sie sich von der fast ausschließlichen Ausrichtung auf Ertragssteigerungen, wie noch zu Anfang der Grünen Revolution, hin zu qualitativen Aspekten geöffnet hat.

Während die Anreicherung von Grundnahrungspflanzen mit Mikronährstoffen oftmals mit dem sogenannten „Goldenen Reis“ in Verbindung gebracht wird, der gentechnisch verändert wurde um Provitamin A zu produzieren, handelt es sich bei dem am Internationalen Zentrum zur Verbesserung von Mais und Weizen (CIMMYT) entwickelten Weizen um eine konventionell gezüchtete Pflanze. Dies war möglich, da Weizen bereits von sich aus geringere Mengen von Zink enthält, d.h. eine Ausgangsbasis für die weiteren Züchtungsbemühungen war vorhanden. Darüber hinaus sind aufgrund des konventionellen Ansatzes, anders als beim Goldenen Reis, auch keine Widerstände von Umweltschutzverbänden zu erwarten. Das Grundprinzip ist jedoch das gleiche: Die Armen in den Entwicklungsländern, die sich auch mittelfristig keine ausgewogene Ernährung leisten können, sollen durch natürlich angereicherte Grundnahrungspflanzen besser mit essentiellen Nährstoffen versorgt werden. Eine etwas verbesserte Ernährung soll wiederum dazu beitragen, die Erkrankungsraten zu reduzieren und den Teufelskreis aus Hunger, Krankheit und Armut zu durchbrechen.

Wissenschaftler des „HarvestPlus“-Programms, in dessen Rahmen die Entwicklung angereicherter Grundnahrungspflanzen koordiniert wird, haben anhand einer vergleichenden Ernährungsstudie gezeigt, dass eine ihrer grundlegenden Annahmen stimmt: Die Erhöhung des Zinkgehalts in Weizen führte trotz des gleichfalls hohen Phytatgehalts tatsächlich zu einer höheren Aufnahme von Zink durch Versuchspersonen die angereicherte Weizen-Tortillas verzehrten. Als Vergleich wurden einer anderen Gruppe normale Weizen-Tortillas gegeben. Die Studie ergab, dass bereits 300 Gramm Mehl aus biologisch angereichertem Weizen den Zink-Tagesbedarf erwachsener Frauen zu zwei Drittel decken kann. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass dieser Ansatz kostengünstiger sein kann als die in ähnlichen Fällen praktizierte Verteilung von Ergänzungspräparaten oder die industrielle Anreicherung von Nahrungsmitteln. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pflanzenzüchtern und Ernährungswissenschaftlern soll nun intensiviert werden um sicherstellen, dass diese Grundnahrungspflanzen zur weltweiten Ernährungssicherheit beitragen.

Quellen:

CGIAR (2010). Making the most of a mineral. Feature Story, August 4. Washington: Consultative Group on International Agricultural Research.

http://www.cgiar.org/monthlystory/august_4_2010.html

WHO (2002). World Health Report. Genf: World Health Organization.
http://www.who.int/whr/2002/en/

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