Erforschung höherer Hirnleistungen
Die Hermann und Lilly Schilling-Stiftung finanziert die neue Abteilung für Kognitive Neurologie in Tübingen.
Mit Finanzierung durch die Hermann und Lilly Schilling-Stiftung für medizinische Forschung wird am 22. Januar 2001 in Anwesenheit von Wissenschaftsminister Klaus von Trotha an der Neurologischen Universitätsklinik Tübingen die Abteilung für Kognitive Neurologie gegründet. Forschungsschwerpunkt der von Professor Dr. Hans-Peter Thier geleiteten Abteilung sind die Grundlagen von Objekt- und Raumwahrnehmung und ihre Störungen durch Erkrankungen des Zentralnervensystems. Für die Abteilung stellt die Schilling-Stiftung für einen Zeitraum von zehn Jahren Personal-, Sach- und Investitionsmittel im Umfang von insgesamt 8 Mio. DM bereit.
Wahrnehmung und Sprache sind Beispiele für „kognitive“ Funktionen, die die Grundlage unserer Identität und unserer Fähigkeit zur Interaktion mit der Welt sind. Diese so selbstverständlichen Funktionen haben ihre Grundlage im Gehirn, und ihre Bedeutung wird uns oft erst durch ihren Verlust bewusst. Störungen kognitiver Funktionen durch Schlaganfälle, durch Hirnentwicklungsstörungen oder durch „vorzeitiges Altern“ des Gehirns sind überaus häufig. Sie haben für die Betroffenen schwerwiegende Einbußen ihrer Lebensqualität zur Folge und können bisweilen die Integrität einer Persönlichkeit in Frage stellen. Die „Kognitive Neurologie“ versucht, diese Störungsbilder und ihre Grundlagen verstehbar zu machen, um den betroffenen Patienten wirksame Rehabilitationsprogramme anbieten zu können.
Um dieses Ziel zu erreichen, begnügt sie sich nicht mit einer Katalogisierung von Störungsbildern. Sie trägt vielmehr in einem methodisch breiten, interdisziplinären Ansatz dazu bei, die neurobiologischen Grundlagen dieser „höheren“ Hirnleistungen zu klären. Ein solcher Ansatz vereint Techniken der klassischen Neuropsychologie mit denen moderner elektrophysiologischer, anatomischer und bildgebender Verfahren wie der funktionellen Kernspintomografie und steht in enger Wechselwirkung mit Ansätzen in verwandten Disziplinen außerhalb der Medizin.
Innerhalb ihres Förderungsprogramms „Neurowissenschaft in der Klinik“ finanziert die Schilling-Stiftung die Errichtung von insgesamt fünf Instituten oder Abteilungen für Neurowissenschaft an Neurologischen Kliniken. Die von der Stiftung geförderten Einrichtungen stellen erstmals in Deutschland eine dauerhafte wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Grundlagenwissenschaftlern als Leiter von Abteilungen einer Universitätsklinik und dem Ärztlichen Direktor der jeweiligen Klinik sicher. Die drei ersten Einrichtungen dieser Art wurden in München, Berlin und Würzburg gegründet. Eine weitere Abteilung für Neurowissenschaft wird im Februar dieses Jahres an der Universität Heidelberg eröffnet. Insgesamt stellt die Stiftung rund 40 Mio. DM im Rahmen ihres Programms „Neurowissenschaft in der Klinik“ zur Verfügung.
Ziel der Schilling-Stiftung ist es, in den Neurologischen Kliniken durch die Einrichtung von Forschungsprofessuren eine Laufbahn für Grundlagenwissenschaftler zu schaffen. Damit entspricht die Stiftung einer wichtigen Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Verbesserung der klinischen Forschung in Deutschland.
Die Hermann und Lilly Schilling-Stiftung für medizinische Forschung arbeitet seit 1970 unter dem Dach des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft in Essen, der insgesamt rund 310 wissenschafts- und kulturfördernde Stiftungen betreut. Das Vermögen der Schilling-Stiftung beträgt heute rund 60 Mio. DM.
Der Festakt findet statt am
22. Januar 2001, 14 Uhr,
im Hörsaal des Neuklinikums Schnarrenberg,
Hoppe-Seyler-Straße 3,
Tübingen.
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