Zwischen Aufregung und Gelassenheit
Gentechnisch veränderter Raps kann in begrenztem Umfang auf benachbarte Felder und auf verwandte Wildpflanzen auskreuzen. Damit bestätigt ein kürzlich veröffentlichter englischer Bericht ähnliche Ergebnisse anderer Studien.
Ausgewertet wurden Freisetzungsversuche mit verschiedenen gentechnisch veränderten Rapspflanzen in England zwischen 1994 und 2000.
Der neue, gegen Ende 2002 veröffentlichte Bericht präsentiert die Ergebnisse einer sechs Jahre andauernden Untersuchung des National Institute of Agricultural Botany (NIAB) in Cambridge über das Auskreuzungsverhalten verschiedener GVO- Rapspflanzen. Einbezogen war Raps mit gentechnisch vermittelter Herbizidtoleranz und veränderter Fettsäurezusammensetzung (High Laurat- Raps) sowie männlich steriler Raps. Über sechs Jahre wurde bei Feldversuchen an mehreren Standorten gemessen, wie weit sich die Gene von GVO-Raps in benachbarte konventionelle Felder ausbreiten, ob die neuen Gene auf Wildpflanzen übertragen werden können und ob sich die Fitness und damit das Durchsetzungsvermögen der GVO-Pflanzen im Vergleich zu den konventionellen Pflanzen verändert hat.
Nachbarfelder. Die Auswertung der Versuche zeigte, dass bei einem großflächigen Anbau von GVO-Raps mit einer Einkreuzung in benachbarte konventionelle Felder zu rechnen ist. Zwar sank die Einkreuzungsrate mit der Entfernung deutlich, doch vereinzelt konnte GVO-Raps selbst in einem 200 Meter entfernten konventionellen Rapsfeld nachgewiesen werden. Der GVO-Anteil betrug dort über 0,5 Prozent. In der Regel lag die Einkreuzungsrate mit ca. 0,1 Prozent bei einem Abstand von 70 Metern deutlich darunter.
Fitness. Die Studie fand keine Hinweise, dass sich GVO-Raps in der Umwelt besser durchsetzen kann als herkömmliche Raps-Pflanzen. Das neu eingeführte Gen verbessert nicht die Unkrauteigenschaften der Pflanzen, die es besitzen oder über eine Auskreuzung erhalten haben. Dafür spricht auch, dass keine wild lebenden GVO-Rapspflanzen gefunden wurden, die mehr als ein Jahr überlebt hatten. In dieser Hinsicht gab es keine Unterschiede zwischen dem Herbizidresistenz-Gen und dem Gen, das die veränderte Fettsäurezusammensetzung vermittelt.
Reaktionen: Von „erwartet“ bis „Beweis für Verunreinigung“ Die Ergebnisse des NIAB-Reports wurden in der britischen Öffentlichkeit sehr unterschiedlich bewertet. Angesichts der von ihnen gemessenen Auskreuzungsraten raten die Autoren, die bei Anbau und Saatguterzeugung üblichen Isolationsabstände zu vergrößern. Damit könnten die gesetzlichen Vorschriften für Schwellenwerte von GVO-Beimischungen in konventionellen Produkten eingehalten werden.
Nicht überrascht zeigte sich die für transgene Pflanzen zuständige britische Genehmigungsbehörde. Die Ergebnisse des Reports bewegten sich „innerhalb der Erwartungen“. Bei der Risikobewertung ginge man ohnehin von einer bestimmten Auskreuzungsrate aus. Allein die Tatsache, dass es zu Auskreuzungen kommt, bedeute nicht automatisch eine Gefahr für Mensch und Umwelt.
Dagegen forderte der Umweltverband Friends of the Earth mehr Sicherheitsforschung und vorerst den Verzicht auf den kommerziellen Anbau von GVO-Pflanzen in Großbritannien. Es bestehen weiterhin große Wissenslücken über Auskreuzung, so der Verband. Die Studie belege erneut die Schwierigkeiten einer Koexistenz der verschiedenen Anbausysteme. Bei einem kommerziellen Anbau von GVO-Pflanzen sei eine „Verunreinigung“ unvermeidlich. Dieses könne besonders den Ökoanbau massiv gefährden.
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