Kühlwasserkreislauf am Meeresgrund entdeckt
Unter wissenschaftlicher, technischer und logistischer Beteiligung durch die Bremer Geowissenschaftler Prof. V. Spieß, Dr. L. Zühlsdorff und Prof. H. Villinger entdeckten US-Forscher vor der nordamerikanischen Westküste einen mehr als 50 Kilometer langen Kühlwasserkreislauf im Ozeanboden.
Dessen Eckpfeiler sind Erhebungen am Meeresgrund, die mehrere Hundert Meter hoch sind und als Wärmeleiter fungieren. Über die Untersuchungen zum Wärmehaushalt der Erde berichtet das Fachblatt Nature in der kommenden Ausgabe vom 6. Februar.
Der „Grizzly-Bare“ im Schallwellenbild der Bremer Geophysiker. Er überragt den Meeresboden um gut 300 Meter.
Arbeitsfeld des internationalen Wissenschaftlerteams war die Ostflanke des Juan de Fuca-Rückens westlich von Vancouver-Island, Kanada. Dort steigt heißes Gestein aus dem Erdinneren auf und bildet neue Ozeankruste. Zunächst wird die darin gespeicherte Wärme direkt in das Meerwasser abgeleitet. Im Lauf der Zeit wird die Kruste indes von Meeresablagerungen überdeckt. Damit wird der Wärmeaustausch schwächer und ist nach einer Million Jahre quasi blockiert. Wie kann dennoch Wärme an den Ozean abgegeben werden?
Mit Hilfe von Schallwellen, die in den Meeresboden eindringen, untersuchten die Bremer Meeresforscher Erhebungen, die die Sedimentschicht zum Teil um mehrere Hundert Meter überragen. Die Berge am Meeresboden sind Eckpfeiler eines bislang unbekannten Kühlwasserkreislaufs. Aufgrund ihrer rissigen Struktur sind sie relativ wasserdurchlässig. Zwar war bekannt, dass an solchen Unterwasserbergen warmes und damit leichteres Wasser aus dem Gestein austritt. Die jetzt in „Nature“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen aber, dass an manchen Unterwasserbergen auch kaltes Wasser eintritt und so den neu entdeckten Kühlwasserkreislauf in Gang bringt.
Die Wissenschaftler an Bord der deutschen Forschungsschiffs „Sonne“ und des amerikanischen Forschungsschiffs „Thomas G. Thompson“ untersuchten den Kreislauf zwischen zwei dieser Berge, die etwa 450 Kilometer vor der westkanadischen Küste liegen. Sie werden, da sie bar jeglicher Sedimentdecken sind, im Fachjargon als „Bares“ bezeichnet. Am „Grizzly Bare“ dringt 2°C kühles Wasser in die poröse Gesteinsschicht und fließt im Schneckentempo zum 52 Kilometer entfernten „Baby Bare“, wo es – inzwischen auf 65° Celsius aufgeheizt – wieder austritt. Auf seinem Weg hat es nicht nur Wärme aufgenommen sondern auch Elemente wie Magnesium aus dem Gestein gelöst. Dies und andere Stoffe geben Aufschluss über die Dauer des Kühlkreislaufs. So konnten die Geowissenschaftler-Teams ermitteln, dass etwa 4.300 Jahre vergehen, bis das Wasser die Strecke zwischen den beiden Erhebungen am Meeresboden zurückgelegt hat.
Wie sich dieses Kühlwassersystem ursprünglich entwickelt hat, ist derzeit nicht geklärt. Daher sind weitere Forschungsfahrten in das Gebiet geplant. Sie werden im Rahmen des Integrierten Ozeanbohr-Programms (Integrated Ocean Drilling Program, IODP) stattfinden. Denn die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Berge am Juan de Fuca-Rücken als Modell dienen können, um die Geheimnisse dieses wichtigen Teils des globalen Wärmehaushalts eingehender zu klären.
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Kirsten Achenbach
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