Methanausbrüche am Meeresboden – Science-Artikel mit neuen Beweisen
Methan ist ein sehr potentes Treibhausgas. Als eisförmiges Methanhydrat ist es in großen Mengen im Meeresboden gelagert. Manche Indizien deuten darauf hin, dass es im Lauf der Erdgeschichte wiederholt zu heftigen, untermeerischen Methanausbrüchen kam. Klimaschwankungen sowie Artensterben und biologische Umwälzungen in Ozeanen und auf Kontinenten waren die Folge.
In der kommenden Ausgabe (21. 2.) der Zeitschrift Science stellen Prof. Kai-Uwe Hinrichs und Mitarbeiter der amerikanischen Woods Hole Oceanographic Institution neue Erkenntnisse über Methaneruptionen aus jüngster Erdvergangenheit vor. Demnach kam es insbesondere in wärmeren Phasen der letzten Eiszeit vor der amerikanischen Pazifikküste mehrfach zu schnellen, intensiven Methanausgasungen. Erdrutsche bzw. untermeerische Abschmelzungen von Methaneis könnten die Ursachen, Sauerstoffmangel im Ozean die Folge dieser Umweltereignisse gewesen sein.
Das Forscherteam untersuchte Meeresablagerungen, die im Rahmen des internationalen Ocean Drilling Program (Ozean-Bohrprogramm) vor der Südküste Kaliforniens erbohrt wurden. „Zwar lagen bereits indirekte Hinweise für Methaneruptionen in diesem Gebiet vor. Die reichten indes nicht aus, um noch bestehende Zweifel an derartigen Ereignissen zu beseitigen. Es war also an der Zeit, Beweise auf den Tisch zu legen“, sagt Prof. Hinrichs. „Wir suchten quasi nach „Fingerabdrücken“ von Bakterien, die von derartigen Methaneruptionen profitiert hätten.“ So genannte Biomarker – das sind molekulare Fossilien früherer Bakteriengemeinschaften – führten die Meeresforscher ans Ziel. „Insbesondere die Messwerte in einer etwa 44.100 Jahre alten Sedimentschicht lieferten uns Hinweise auf ein abruptes, katastrophenartiges Abschmelzen des im Meeresgrund gelagerten Methaneises“, sagt der Bremer Geochemiker. „Nur in dieser Schicht fanden wir molekulare Zeugnisse von Bakterien, die zwar ohne Sauerstoff, nicht aber ohne Methan als Energiequelle überleben können.“ Erst etwa ein Jahrzehnt nach dem Methanausbruch stieg der Sauerstoffgehalt im untersten Meeresstockwerk wieder an; erst dann konnten Sauerstoff zehrende Bakterien und höhere Organismen ihren Lebensraum zurück erobern.
Darüber hinaus deuten die Biomarker-Befunde darauf hin, dass es im Untersuchungsgebiet während der letzten 60.000 Jahren mehrfach zu heftigen Methangas-Ausbrüchen kam; vor allem in milderen Phasen der vor 12.000 Jahren zu Ende gegangenen Kaltzeit. Die Eruption vor 44.100 Jahren fällt dabei besonders schwer ins Gewicht. Nach Schätzungen des amerikanischen Wissenschaftlers Prof. James Kennett wurden damals möglicherweise 90 Millionen Tonnen Methangas freigesetzt und im Wasser durch Bakterien verzehrt.
„Methan ist in Form eisähnlicher Kristalle im Meeresboden gespeichert. Und es ist nur innerhalb eines bestimmten Druck- und Temperaturbereichs stabil“, konstatiert Kai-Uwe Hinrichs. „Daher stellt sich die Frage, was die umwälzenden Ausbrüche auslöste“. Zwar könnte das Methaneis durch erhöhte Temperaturen des bodennahen Meerwassers instabil geworden sein. Angesichts der enormen Methanmengen, die vor 44.100 Jahren frei gesetzt wurden, scheint dieser Mechanismus freilich wenig wahrscheinlich. „Ich glaube eher, dass – durch welche Faktoren auch immer – untermeerische Hänge ins Rutschen gekommen sind. Das hat den Druck vom Methaneis genommen und das Treibhausgas frei gesetzt“, sagt der Bremer Science-Autor.
Aktuellen Schätzungen zufolge sind in den Böden der Ozeane und Kontinente etwa 10.000 Milliarden Tonnen Methan-Kohlenstoff gespeichert. Zum Vergleich: Der vom Menschen in den letzten 150 Jahren verursachte Treibhauseffekt wurde durch die Freisetzung von „nur“ 210 Milliarden Tonnen Kohlenstoff (in Form von Kohlendioxid) bewirkt. Selbst wenn nur ein kleiner Teil des gespeicherten Methans in die Erdatmosphäre entweichen würde, würde dies den Treibhauseffekt enorm anheizen.
„Unsere Biomarker sind Zeugnis des Anteils an Methan, der im Ozean durch Bakterien verzehrt wurde, sie geben jedoch keinen Hinweis darauf, wie viel Methan während der Emissionsereignisse in die Atmosphäre entwichen ist. Diese Frage steht auf einem ganz anderen Blatt“, stellt Kai-Uwe Hinrichs fest. „Dennoch verdeutlichen die Ergebnisse, wie drastisch Ozeanrandgebiete auf relativ geringe Umweltveränderungen reagieren können“, betont der kürzlich aus Woods Hole an das Bremer Forschungszentrum berufene Wissenschaftler.
Weitere Informationen:
DFG Forschungszentrum Ozeanränder
Albert Gerdes
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