Intelligente Autos warnen sich gegenseitig vor Gefahren

Der weltweit größte Feldversuch zur Kommunikation zwischen Fahrzeugen sowie zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur (Car-to-X-Kommunikation) steht vor dem Start.

Wissenschaftler, Automobil- und Kommunikationsunternehmen sowie öffentliche Einrichtungen haben gemeinsam ein System entwickelt, mit dem sich Autos gegenseitig über die Verkehrslage und drohende Gefahren informieren.

Ziel ist ein sichererer und effizienterer Verkehrsfluss. Forscher der Technischen Universität München (TUM) entwerfen derzeit maßgeblich die Versuchsszenarien, mit denen im kommenden Frühjahr 120 Fahrzeuge das simTD genannte System auf hessischen Straßen testen werden.

Verkehrshindernisse wahrnehmen, bevor man sie sieht. Gefahren erkennen, bevor sie zur Bedrohung werden. Schnell, sicher und entspannt ankommen. Diese Ziele verfolgt das Forschungsprojekt „Sichere Intelligente Mobilität – Testfeld Deutschland (simTD)“. Erreicht werden sollen sie durch die elektronische Vernetzung von Fahrzeugen und Infrastruktur, die sogenannte Car-to-X-Kommunikation. Wie dies in der Praxis mit dem vom simTD—Konsortium entwickelten System gelingt, wird eine Flotte von 120 Fahrzeugen mehrere Monate lang auf Autobahnen, Landstraßen und innerstädtischen Straßen in und nördlich von Frankfurt testen.

„In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Car-to-X-Technologien konstruiert. Mit dem gemeinsamen Standard wollen wir nun untersuchen, wie Autofahrer diese Technik im Alltag annehmen und in welchem Maße wir die Verkehrssicherheit erhöhen, Staus vermeiden und den CO2-Ausstoß reduzieren können“, sagt Prof. Fritz Busch vom TUM-Lehrstuhl für Verkehrstechnik.

Das simTD-System, das heute im hessischen Friedberg erstmals präsentiert wurde, nutzt eine speziell für diesen Zweck entwickelte Funktechnik, die auf dem WLAN-Standard aufbaut. Informationen können direkt an andere Fahrzeuge oder an entlang der Fahrbahn installierte Stationen übermittelt werden. Für den Fall, dass der Kommunikationspartner nicht in unmittelbarer Sendereichweite ist, können andere Fahrzeuge Informationen übermitteln („Multihopping“) oder speichern und weiterleiten („Store & Forward“).

Zum einen übermitteln die Fahrzeuge Informationen zur Verkehrslage an eine Zentrale, die dann die Entwicklung des Verkehrs prognostiziert und steuert. Über ein Display bekommen die Fahrer Empfehlungen zur günstigsten Fahrtroute. Das System assistiert den Fahrern zudem an Kreuzungen oder Ampeln, indem es etwa Abbiegerspuren oder die optimale Geschwindigkeit für eine „grüne Welle“ vorzeitig anzeigt.

Zum anderen informiert das System die Autofahrer über drohende Gefahren. Beispielsweise warnt ein Notbremslicht auf dem Display den Fahrer, wenn ein vorausfahrendes Auto stark bremst – noch bevor der Fahrer physisch in der Lage ist, die Situation selbst zu erfassen. Bei Rettungseinsätzen zeigt das System die Richtung und die Spur an, aus der die oft schwer zu lokalisierenden Einsatzfahrzeuge kommen. Liegen Hindernisse auf der Fahrbahn, etwa verlorene Ladung, bekommen die Fahrer frühzeitig Ausweichmöglichkeiten angezeigt.

In welchen Formationen, zu welchen Zeiten, auf welchen Routen müssen die einzelnen Fahrzeuge der Versuchsflotte fahren, um aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen? Darum kümmern sich die Wissenschaftler der TU München. Nicht nur die Vorbereitungen des Feldversuchs, sondern auch die Auswertung der riesigen Datenmenge liegt wesentlich in ihren Händen. Zudem betreiben sie gemeinsam mit der Universität Würzburg das simTD–Simulationslabor. Die Verkehrstechniker der TUM simulieren hier, welchen Einfluss die Einführung der Technologie auf den gesamten Verkehr im Versuchsgebiet haben würde, wenn bestimmte Zahlen von Autos damit ausgestattet sein würden. Die Würzburger Verkehrspsychologen untersuchen mit einem Fahrsimulator das Verhalten der Fahrer insbesondere in Situationen, die aus Sicherheitsgründen nicht im realen Verkehr getestet werden können.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) fördern simTD, da in diesem Verbund eine neue Dimension des vorausschauenden Fahrens, der Verkehrsbeeinflussung und der Unfallvermeidung verwirklicht werden kann. Voraussetzung für eine erfolgreiche kommerzielle Umsetzung der Car-to-X-Kommunikation ist dabei die Etablierung eines einheitlichen Standards. „Wir zeigen mit dem simTD -System eine zukunftsweisende Technologie, mit deren Hilfe Fahrzeuge führender deutscher Hersteller untereinander und mit der Verkehrsinfrastruktur vernetzt werden“, so Projektkoordinator Dr. Christian Weiß. „Mit Car-to-X-Kommunikation wird Fahren sicherer, komfortabler und effizienter. Die Ergebnisse des simTD -Projektes sind ein wichtiger Baustein für die Mobilität von morgen.“

simTD ist ein Gemeinschaftsprojekt führender deutscher Automobilhersteller, Automobilzulieferer, Kommunikationsunternehmen und Forschungsinstitute sowie der öffentlichen Hand. Projektpartner sind: Adam Opel AG, AUDI AG, BMW AG, BMW Forschung und Technik GmbH, Daimler AG, Ford Forschungszentrum Aachen GmbH, Volkswagen AG, Robert Bosch GmbH, Continental, Deutsche Telekom AG, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI), Technische Universität Berlin, Technische Universität München, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Universität Würzburg, Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, Stadt Frankfurt am Main. Unterstützt wird das Projekt auch durch das Land Hessen, den Verband der Automobilindustrie e.V. und das Car 2 Car Communication Consortium. BMWi, BMBF und BMVBS fördern simTD mit rund 40 Millionen Euro, die Projektpartner beteiligen sich mit rund 31 Millionen Euro.

Mehr Informationen:
http://www.simTD.de
Bilder zum Download:
http://mediatum.ub.tum.de/?id=1084087
Kontakt:
Lehrstuhl für Verkehrstechnik
Technische Universität München
Ansprechpartner über die Pressestelle, Tel. 089 / 289 22798

Media Contact

Dr. Ulrich Marsch Technische Universität München

Weitere Informationen:

http://www.simTD.de http://www.tum.de

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