Gefährliche Spielgeräte mit Pokerface
Forschungszentrum Karlsruhe untersucht Holzspielgeräte mittels Bohrwiderstandsmessung auf ihre Sicherheit
Veranlasst durch mehrere teils tödliche Unfälle auf Kinderspielplätzen, haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Karlsruhe Spielgeräte aus Holz untersucht. Die Ergebnisse erster Feldversuche sind alarmierend: Selbst relativ neue Spielgeräte waren zum Teil im Inneren morsch. Ältere Holzspielgeräte waren fast immer an irgend einer Stelle von Pilzen angegriffen und mehr oder weniger zerstört. Die Defekte waren von außen meist nicht sichtbar und konnten nur durch Bohrwiderstandsmessungen entdeckt werden.
Während Bäume innere Defekte durch Ausbildung von Reparatur-Anbauten ausgleichen können und damit Warnsignale in ihrer Körpersprache ausbilden, zeigt der faulende Holzpfosten ein „Pokerface“: Die Selbstheilungskräfte des Baumes sind nach dessen Tod erloschen. Lediglich Pilzfruchtkörper können jetzt noch als Hinweis auf innere Defekte dienen. Deshalb muss der Einsatz von Bohrtechniken die visuelle Kontrolle ergänzen. Dieser methodische Ansatz wurde nun in Feldstudien überprüft.
„Das Ergebnis unserer Feldstudien ist, dass man den Holzspielgeräten von außen oft nicht ansieht, ob sie im Inneren morsch sind oder nicht“, erläutert Dr. Karlheinz Weber von der Abteilung Biomechanik im Institut für Materialforschung II des Forschungszentrums Karlsruhe. „Selbst neu aussehende Spielgeräte mit Standzeiten von 4 bis 7 Jahren wiesen zum Teil ausgedehnte Morschungen im Innern auf, besonders im Bodenniveaubereich und an Perforationen. Ältere Holzspielgeräte waren fast immer an irgendeiner Stelle von Pilzen angegriffen oder zerstört.“
Zum Einsatz kam das Bohrwiderstandsmessgerät IML-RESI (M 300), das Wissenschaftler des Forschungszentrums Karlsruhe schon vor einigen Jahren für die Baumdiagnose erprobt haben und das inzwischen – vertrieben von einem Industriepartner des Forschungszentrums Karlsruhe, der Instrumenta Mechanik Labor GmbH (IML), Wiesloch – zu den Standardmessgeräten für die Kontrolle von Bäumen gehört. Das Gerät – eine Art robust arbeitende, mechanische Bohrmaschine – misst den Bohrwiderstand einer 1,5 mm dicken Bohrnadel, deren Spitze sich auf 3 mm verbreitert. Die Messwerte werden auf einem regenfesten Wachspapierstreifen aufgezeichnet. Holzfäulen mit Ligninabbau (Holzerweichung) oder Zelluloseabbau (Holzversprödung) lassen sich damit anhand von Veränderungen des Bohrwiderstands diagnostizieren.
Holzspielgeräte werden normalerweise aus Nadelhölzern gefertigt. Einige solcher Geräte wiesen im Test eine von außen nicht erkennbare Innenfäule auf (auch Klangproben waren einwandfrei), welche durch die Bohrwiderstandsmessungen nachgewiesen und dokumentiert werden konnte. Die Innenfäule wurde meist durch Zaunblättling und Tannenblättling hervorgerufen, selbst bei mit Holzschutzmitteln behandelten Hölzern. Beide Pilzarten sind dafür bekannt, dass sie bei Nadelhölzern eine innere, bereits nach kurzer Befallsdauer holzversprödende Braunfäule verursachen, die von außen lange unsichtbar bleibt. Meist erst bei fortgeschrittener Fäule, das heißt in der Regel weit nach Überschreiten der kritischen Stabilitätsminderung des Holzes, können an der Holzoberfläche Pilzfruchtkörper beobachtet werden.
Fazit der Untersuchungen: Der Einsatz von Bohrtechniken macht das Risiko von Holzspielgeräten handhabbar. Stahlspielgeräte faulen zwar nicht, können aber rosten und insbesondere an Kerben oder Schweißnähten kleine Ermüdungsrisse ausbilden, deren Nachweis ebenfalls problematisch ist und die auch irgendwann zum Versagen führen können.
Das Forschungszentrum Karlsruhe ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,1 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.
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