Mehrjährige Vorhersage der Atlantischen Meridionalen Umwälzbewegung bei 26.5 °N möglich
Die Atlantische Meridionale Umwälzbewegung (AMOC, Atlantic Meridional Overturning Circulation) – umgangssprachlich oft als „Golfstrom“ bezeichnet – transportiert warmes Oberflächenwasser bis in die hohen Breiten und strömt von dort nach einer Abkühlung und dem damit verbundenen Absinken als kaltes Tiefenwasser wieder nach Süden. Schwankungen der AMOC beeinflussen wesentlich den nordwärts gerichteten Wärmetransport im Ozean und damit das Klima in Europa und im Nordatlantik. Die Wasseroberflächentemperaturen bestimmen dabei Klimaphänomene wie die Dürren im Sahel oder die Häufigkeit von Hurrikanen im Atlantik. Es ist also von großem Interesse, Vorhersagen über Zeiträume von Jahren bis zu Jahrzehnten machen zu können, um diese Klimaänderungen abzuschätzen. Bisher konnte man mehrjährige Vorhersagen für dynamische Größen wie die AMOC nicht durchführen, sondern lediglich für Temperaturschwankungen oder für Sturmhäufigkeiten (Hurrikane).
Klimaschwankungen werden in klimatisch kurzen Zeiträumen von Jahren oder Jahrzehnten sowohl durch menschliche Einflüsse als auch durch die natürliche und interne Variabilität des Systems beeinflusst. Um Vorhersagen über diese klimatisch kurzen Zeiträume treffen zu können, muss man das Vorhersagemodell von dem gegenwärtigen Zustand des Ozeans aus starten („initialisieren“).
Die Güte der Vorhersagbarkeit eines Systems wird in der zeitlichen Rückschau bestimmt; man nennt es im Englischen treffend „hindcast“, also „retrospektive Vorhersage“. In der vorliegenden Arbeit wurden solche retrospektiven Ensemble-Vorhersagen von 2004 – 2007 beginnend jeweils im Januar durchgeführt. Danach stimmt die Stärke der AMOC bis zu vier Jahre lang gut mit den Beobachtungen überein.
Überprüft wurden die Berechnungen des gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Modells ECHAM5/MPI-OM des MPI-M mit den jetzt für April 2004 bis März 2009 verfügbaren kontinuierlichen Beobachtungen dieser atlantischen Meeresströmung. Die Messungen wurden und werden im RAPID-MOC-Projekt erhoben.
Die gute Übereinstimmung der rückblickenden Vorhersagbarkeit mit den Beobachtungen ist für Daniela Matei und ihre Kollegen Motivation gewesen, auch für die Zukunft Vorhersagen mit ihrer Methode zu versuchen (Näheres zur Methode siehe Originalveröffentlichung).
Ausgehend vom Monat Januar der Jahre 2008 bis 2011 wurde ein Ensemble von neun Vorhersagen über zehn Jahre konstruiert. Ergebnis: für alle Jahre zeigen die Ensemblemittel der Vorhersagen bis 2014 eine stabile AMOC. Auffallend erkennbar ist in der Vorhersage ausgehend vom Januar 2010 ein starkes Minimum im März 2010. Dieses Minimum wird durch den extrem kalten Winter 2009/2010 mit einer extrem negativen NAO (Nord-Atlantische Oszillation) bestimmt. Damit ist es ein kurzzeitiges Phänomen.
Die Güte der Vorhersagbarkeit bei 26.5 °N beruht nach Erkenntnissen der Arbeitsgruppe auf dem Transport im oberen Ozean. Klimavorhersagen werden also nicht nur durch die großräumigen thermischen Bedingungen des Ozeans (Wärmeinhalt) bestimmt, sondern auch von der internen Ozeandynamik auf langen Zeitskalen.
Die Arbeit wurde durch das BMBF-Projekt „Nordatlantik II“ und den Exzellenzcluster CliSAP (Integrated Climate System Analysis and Prediction) der Universität Hamburg gefördert.
Originalveröffentlichung:
Matei, D., J. Baehr, J.H. Jungclaus, H. Haak, W. A. Müller und J. Marotzke: Multi-year prediction of the Atlantic Meridional Overturning Circulation at 26.5°N. Science, 06.01.2012, doi: 10.1126/science.1210299.
Kontakt:
Dr. Daniela Matei
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: +49 (0)40 41173 460
E-Mail: daniela.matei@zmaw.de
Prof. Dr. Jochem Marotzke
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: +49 (0)40 41173 311 (Sekretariat)
E-Mail: jochem.marotzke@zmaw.de
Prof. Dr. Johanna Baehr
Institut für Meereskunde, Universität Hamburg
Tel.: +49 (0)40 42838 7736
E-Mail: johanna.baehr@zmaw.de
Kontakt Öffentlichkeitsarbeit MPI-M:
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