Erste Deutsche Kohortenstudie zur Frauengesundheit
Wie sich Frauen fühlen, woran sie leiden, wie sie verhüten
Mit einer Teilnehmerinnenzahl von 20.000 und einer bisherigen Dauer von fast fünf Jahren stellt die erste Deutsche Kohortenstudie zur Frauengesundheit eine Vielzahl von Fakten über Gesundheit und Krankheit, Befindlichkeit und Lebensqualität von Frauen in Deutschland bereit. Erste Ergebnisse der seit 1998 unter Federführung des Zentrums für Epidemiologie und Gesundheitsforschung (ZEG) laufenden Studie, an der sich Frauen zwischen 18 und 65 Jahren auf freiwilliger Basis beteiligen, wurden am Mittwoch in Berlin vorgestellt. Mit der Befragung, bei der sich die Teilnehmerinnen über einen längeren Zeitraum zu ihren Erkrankungen, ihren Beschwerden, Befindlichkeiten, ihren Medikationsgewohnheiten und anderen Parametern äußern, liegt in Deutschland erstmals eine große Studie zur Frauengesundheit vor, die Entwicklungen über einen längeren Zeitraum erfasst.
Prof. Dr. Lothar A. J. Heinemann zeigte sich besonders angetan von der Aufgeschlossenheit der Frauen, mit ihrer Teilnahme auf eine besondere Weise ihre Verantwortung für Gesundheit zu dokumentieren. Die Frauen waren zunächst von ihren zumeist Frauenärzten auf die Studie hingewiesen worden. Zunehmend machten sie inzwischen einander auf die Studie aufmerksam, berichtete Heinemann. „Wir sind besonders erfreut darüber, dass sich es bei den Teilnehmerinnen nicht um eine besondere Gruppe, sondern letztlich um einen durchaus mit anderen Frauen vergleichbaren Querschnitt durch die deutsche Bevölkerung handelt. Das haben Vergleiche mit Zufallsstichproben ergeben.“ Einen besonderen Schwerpunkt in der ersten Studienphase stellten Daten zu Nutzen und Risiken der Anwendung moderner hormoneller Schwangerschaftsverhütungsmittel (OCs) dar. Dazu Prof. Heinemann vor der Presse in Berlin: „Wie sich gezeigt hat, wissen Frauen sehr wenig über die Vorteile der „Pille“ über deren schwangerschaftsverhütende Funktion hinaus“ Die Zahl durch OC-Nutzung vermiedener Gesundheitsstörungen und Krankheiten liegt, so Heinemann, rund 60mal höher als die unerwünschter Störungen und Erkrankungen. Innerhalb der Kohortenstudie wurden 1.716 Frauen vor allem unter dem Aspekt ihrer sexuellen Befindlichkeiten befragt. Dr. Beate Schultz-Zehden, Forschungsbereich Frauengesundheit am Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften von Humboldt- und Freier Universität Berlin, berichtete, dass sich einige Phänomene ergeben hätten, die durchaus im Gegensatz zur landläufigen Meinung stehen. So werde das psychische Wohlbefinden von Frauen mit zunehmendem Alter besser eingeschätzt als angenommen.
Schultz-Zehden, die vier verschiedene Frauentypen – von „Power-Frau“, leistungsorientiert und offensiv, bis defensiv-traditioneller Frau – bestimmte, stellte weiter fest, dass es vor allem die „Power-Frauen“ sind, die häufig hormonell verhüten. Für alle Frauengruppen gilt, dass die OC-Anwendung mit einem höheren körperliches und sexuellen Wohlbefinden einhergeht. Dazu Schultz-Zehden: „Interessanterweise sind es die Frauen, die sich noch stark am traditionellen Rollenmodell orientieren, die insgesamt über mehr körperliche und psychische Einschränkungen berichten.“ Besondere Aufmerksamkeit wurde innerhalb der Studie auf das Auftreten von bösartigen Erkrankungen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit einer Einnahme von OCs, gelegt. Dr. med. Michael Lewis, Direktor von EPES Epidemiology, Berlin, informierte u. a. darüber, dass die oralen Kontrazeptiva einen Schutz vor bösartigen Tumorerkrankungen der Gebärmutter und der Eierstöcke aber auch der Brust darstellen. „Die Studie macht deutlich, wie wichtig es ist, eine Risiko-Nutzen-Bilanz bei der Betrachtung von Arzneimittelanwendung anzustellen“, betonte Lewis.
Die Deutsche Kohortenstudie zur Frauengesundheit soll mit wachsender Teilnehmerinnenzahl weitergeführt werden.
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