Forscher der Universität Hamburg entwickeln neue Methode zur Bestimmung der Meereisdicke
Das Meereis der Arktis ist ein wichtiger Indikator für Klimaänderungen. Dabei spielt nicht nur die Größe der Eisfläche eine Rolle, sondern auch die Eisdicke. Detaillierte Daten sind wichtig, um den Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre zu erfassen. Dieser ist gerade bei dünnem Eis sehr groß und beeinflusst daher Wetter und Klima – auch in Nordeuropa – besonders stark. Dickes Eis dagegen wirkt isolierend und trägt daher kaum zum Wärmeaustausch bei.
Vor Ort kann die Eisdicke durch Bohrungen oder durch Echolotmessungen von U-Booten aus erhoben werden. Auch führten Hubschraubersonden elektromagnetische Induktionsmessungen durch. Diese Methoden sind jedoch mit hohem Aufwand verbunden und liefern keine flächendeckenden Daten. Der Satellit Cyrosat misst immerhin, wie weit das Eis aus dem Wasser ragt, woraus sich die Gesamtdicke erschließen lässt. Für dünnes Eis ist diese Methode jedoch nicht geeignet.
Der Satellit SMOS (Soil Moisture & Ocean Salinity) dagegen trägt ein empfindliches Radiometer, das die natürliche Wärmestrahlung der Erd- und Ozeanoberflächen bei einer Wellenlänge von 21 Zentimetern misst, dem sogenannten L-Band. Diese Strahlung liegt im langwelligen Mikrowellenbereich. Wie tief elektromagnetische Wellen in ein Medium eindringen, zum Beispiel ins Eis, hängt wesentlich von dessen elektrischer Leitfähigkeit und der Wellenlänge ab: Je geringer die Leitfähigkeit des Mediums und je länger die eingesetzten Wellen, desto größer die Eindringtiefe. Dringen die Wellen tief ein, können Wissenschaftler Informationen über tiefer liegende Schichten ableiten – so nun auch die Dicke des arktischen Meereises.
„Nur mit satellitengestützter Fernerkundung im langwelligen Mikrowellenbereich des Spektrums ist es möglich, auch dünnes Meereis auf globaler Skala kontinuierlich zu beobachten“, sagt Studienleiter Prof. Lars Kaleschke vom KlimaCampus der Universität Hamburg. SMOS liefere darüber hinaus erstmals globale L-Band Daten in hoher Qualität. „Die L-Band Radiometrie ist bei Erdbeobachtungssatelliten eine ganz neue Technologie“ sagt Kaleschke. „Wir haben herausgefunden, dass wir mit SMOS die Dicke des arktischen Meereises bis zu einem halben Meter messen können. Theorie und die Beobachtung stimmen dabei gut überein. So passen die neuen Ergebnisse zu Werten, die wir zuvor mit Modellsimulationen prognostiziert hatten.“ Mit den Daten zur Meereisdicke lassen sich womöglich auch die Wettervorhersagen in Europa verbessern: „Wetterdienste haben bereits Interesse an unseren Daten bekundet“, sagt Kaleschke.
An der Studie waren neben den Universitäten Hamburg und Bremen das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, das Finnische sowie das Dänische Meteorologische Institut beteiligt. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Weltraumagentur ESA. Den Forschungsauftrag hatte die Universität Hamburg in einem internationalen Ausschreibungsverfahren gewonnen.
Link zur Veröffentlichung: http://www.agu.org/pubs/crossref/2012/2012GL050916.shtml
Grafiken und Zusatzmaterial:
http://www.klimacampus.de/fileadmin/user_upload/klimacampus/2_Bilder/8_
Presse/Info.pdf
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Lars Kaleschke
Institut für Meereskunde
KlimaCampus, Universität Hamburg
Telefon: 040-42838-6518
E-Mail: lars.kaleschke@zmaw.de
Ute Kreis
Öffentlichkeitsarbeit
KlimaCampus, Universität Hamburg
Tel.: 040-428 38-45 23
E-Mail: ute.kreis@zmaw.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.zmaw.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften
Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.
Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.
Neueste Beiträge
Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen
Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…
Organoide, Innovation und Hoffnung
Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…
Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis
Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…