Forscher züchten Nase im Labor
Eine gesamte, ausschließlich im Labor gezüchtete Nase wird demnächst erstmals an Menschen getestet. Britische Forscher wollen auf diese Weise Patienten nach Gesichtsverletzungen versorgen, ohne dabei auf Organe von Spendern zurückgreifen zu müssen.
„Wir sind ein Ersatzteillager für menschliche Körperteile“, beschreibt Alexander Seifalian, Leiter des Instituts für Nanotechnologie und regenerative Medizin am University College London gegenüber der „Daily Mail“ seine Aufgabe.
Zucht in der Petrischale
Die „Organfabrik“ besteht aus Bioreaktoren mit sterilem Umfeld, in dem die gleiche Temperatur, Blut- und Sauerstoffversorgung herrscht wie im menschlichen Körper. Statt der umstrittenen Stammzellen verwenden die Forscher Knochenmarkszellen, die dem Empfänger des Organs entnommen und in eine Vorlage aus Polymeren gesetzt werden. Dieses Kunststoffmodell etwa einer Nase besteht aus Milliarden Molekülen in Nanogröße, deren Löcher vom Gewebe durch- und überwachsen werden. „Das Ergebnis wird wie eine Nase aussehen und sich sogar so anfühlen“, wird Seifalian zitiert.
Der abschließende Schritt – die Verpflanzung auf den Empfänger – soll im Juni zum weltweit ersten Mal durchgeführt werden. Die Labornase wird dabei nicht direkt von der Petrischale ins Gesicht eingesetzt, sondern zunächst an eine Stelle unter der Haut am Arm des Patienten. Hier erfolgt der abschließende Reifungsschritt von Haut und Blutgefäßen des neuen Organs bei laufender Überwachung. Stimmt das Ergebnis, kann die Nase an den Ort der endgültigen Bestimmung transplantiert werden.
Hoffen auf Verträglichkeit
Gespannt sind die Forscher besonders auf die Verträglichkeit ihres Ansatzes, die es in klinischen Studien zu belegen gilt. Theoretisch sollten bisherige Probleme mit derartigen Ansätzen – die Verformung des implantierten Organs oder dessen Abweisung durch den Körper – nicht eintreten, betonen die Wissenschaftler. Erfolg gab es bisher bei anderen Organen: Einem 36-jährigen Patienten mit Kehlkopfkrebs wurde kürzlich eine Labor-Luftröhre eingesetzt. Auch Arterien lassen sich auf ähnliche Weise erzeugen: 20 Sekunden lang dauert im Bedarfsfall die Herstellung eines Meters davon, sagt Seifalian.
Mit Einpflanzen beginnt kritische Phase
„Da überall Spenderorgane fehlen, läuft die Erforschung der Laborzüchtung von Organen weltweit auf Hochtouren“, berichtet Karin Macfelda, Leiterin des Zellkulturlabors in der Abteilung für Biomedizinische Forschung der Meduni Wien http://www.cellculture.at , gegenüber pressetext. Durchbrüche gab es bisher erst bei Knorpeln – also bei der Ohrmuschel, bei Nasenknorpeln oder bei Gelenken. „Knorpel brauchen nur Gelenksflüssigkeit. Je sensibler die Gewebe, desto schwieriger wird ihre Transplantation, da sie eine schnelle Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff über das Gefäßsystem benötigen“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Somit gibt es bisher öfters Erfolgsmeldungen aus dem Labor, mit der Implantation beim Patienten beginnt jedoch die kritische Zeit, die bisher in vielen Fällen zu einem Absterben des gezüchteten Gewebes von Innen her geführt hat. „Die Entwicklung in diesem Forschungsgebiet braucht viel Geduld und auch etwas Glück. Schließlich geht es auch um Langzeiterfahrungen, die derzeit noch völlig fehlen“, betont Macfelda.
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