Bilddidaktisches Forschungsstudio an Uni Hildesheim: Jedes Kind hat ein eigenes Imaginationsprofil

„Jedes Kind hat ein eigenes Imaginationsprofil“, weist Uhlig auf erste Forschungsergebnisse hin. „Wie man sich etwas bildhaft vorstellt, ist bereits verschieden, nicht nur die Art und Weise, wie man etwas zeichnet.“ Das familiäre Umfeld spielt dabei eine wesentliche Rolle. Bisher steckt die Forschung zu Fragen der Imaginationsentwicklung von Kindern in den Anfängen.

An der Universität Hildesheim baut Prof. Dr. Bettina Uhlig ein „Bilddidaktisches Forschungsstudio“ auf. Dabei arbeitet die Professorin für Kunstpädagogik in den nächsten drei Jahren eng zusammen mit Schulen aus Hildesheim. Seit November 2011 besuchen Erstklässler der Grundschule Itzum das Forschungsstudio. Einmal wöchentlich betrachten sie Bilder – von Bilderbüchern, Bildern aus den Medien bis hin zu Kunstwerken –, sprechen über Bilder und gestalten selbst.

„Jedes Kind hat ein eigenes Imaginationsprofil“, weist Uhlig auf erste Forschungsergebnisse hin. „Wie man sich etwas bildhaft vorstellt, ist bereits verschieden, nicht nur die Art und Weise, wie man etwas zeichnet.“ So gibt es Kinder, die sich etwas besonders gut vorstellen und dann auch zeichnen können, wenn sie ein Bild unmittelbar vor Augen haben und genau hinschauen können. Andere wiederum entwickeln aus der Phantasie detailreiche Bilder und ganze Bildgeschichten. Das familiäre Umfeld spielt dabei eine wesentliche Rolle. Dabei geht es nicht nur um das Vorhandensein von Bildern in den familiären Lebenswelten von Kindern, sondern insbesondere um die Art und Weise, wie Eltern mit ihren Kindern Bilder betrachten.

Bisher steckt die Forschung zu Fragen der Imaginationsentwicklung von Kindern in den Anfängen, diese Lücke möchte Uhlig mit ihrer Kindheitsforschung und Grundlagenforschung zur Bildlichkeit schließen. In Kürze sollen auch Kindergärten am Forschungsprojekt beteiligt werden.

Wie lernen Kinder das Sehen von Bildern? Welche alterstypischen Merkmale und individuellen Unterschiede sind erkennbar? Für welche Bilder interessieren sich Kinder? Welche Darstellungsformen wählen sie? Wie entwickelt sich ihre Imagination, Vorstellung? Die Hildesheimer Wissenschaftlerin untersucht im bundesweit einmaligen Forschungsstudio in den nächsten Jahren die Bildpraxis von Kindern im Alter von fünf bis sieben Jahren. „Kinder lernen mit und an Bildern, sie entwickeln frühzeitig ein Bildverständnis. Wir erforschen, wie Kinder sich mit Bildern beschäftigen und wie sie eine eigene Bildsprache entwickeln.“

Bettina Uhlig baut eine umfangreiche Bilddatenbank auf, die ermöglicht, ein Kind über mehrere Jahre in seiner bildlichen Entwicklung oder Kinder einer Altersstufe im Vergleich zu beobachten. „Die Kinder vergessen schnell, dass eine Videokamera oder ein Diktiergerät zur Datenerhebung im Raum sind“, berichtet die Wissenschaftlerin. Lehramts- und Kulturwissenschaftsstudierende sowie Promovierende untersuchen im Forschungsstudio zum Beispiel wie Kinder über Bilder sprechen oder wie sie Geschichten visualisieren.

Derzeit entstehen etwa 15 Bachelor- und Masterarbeiten, ferner sind drei Promotionsprojekte in Arbeit. Für die Video- und Audioaufzeichnung der Arbeitsprozesse und Gespräche im Bilddidaktischen Forschungsstudio ist Dorothea Kraake zuständig. Die Lehramtsstudentin (Englisch und Kunst) ist beeindruckt, wie differenziert Kinder über Bilder sprechen. „Das ist den Erwachsenen fast abhanden gekommen.“ „Wir können an der Uni Hildesheim die bildliche Entwicklung von Kindern untersuchen und sind bereits im Studium nah dran an der schulischen Praxis“, sagt Lehramtsstudent Philipp Werner.
Bettina Uhlig ist seit Dezember 2010 Professorin für Kunst und ihre Didaktik an der Universität Hildesheim. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit sind künstlerisch-kulturelle Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen, Bilddidaktik, Vermittlung von Kunst.

Das Bilddidaktische Forschungsstudio befindet sich auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg der Stiftung Universität Hildesheim, 1. Etage Steinscheune. Es wurde am heutigen Donnerstag, im Beisein der Eltern und Kinder von Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang-Uwe Friedrich, den beteiligten Lehramtsstudierenden und Wissenschaftlern eröffnet.

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