Molekularbiologie: RNA bringt Erbsubstanz in Form

Das Genom von Lebewesen liegt im Zellkern dicht verpackt vor: Dazu wird die fadenförmige DNA zu sogenannten Nukleosomen gewickelt, die perlschnurartig aneinandergereiht und durch spezielle Proteine dicht gepackt sind.

Der entstehende DNA-Protein-Komplex wird Chromatin genannt. Damit genetische Informationen abgelesen werden können, muss die entsprechende DNA-Region allerdings zugänglich sein. Dies funktioniert nur, wenn die Erbsubstanz als sogenanntes Euchromatin mit einer relativ offenen Struktur vorliegt.

Wissenschaftler um den LMU-Molekularbiologen Axel Imhof und den Regensburger Biochemiker Gernot Längst konnten nun sogenannte snoRNAs als Moleküle identifizieren, die bei der Fruchtfliege Drosophila eine wichtige Rolle für die Öffnung der Chromatinstruktur spielen. snoRNAs sind kleine RNA Moleküle, die im Zellkern häufig zu finden sind, aber bisher eher als Kofaktoren für bestimmte RNA-Modifikationen bekannt waren.

Bindungsmechanismus identifiziert

„Mithilfe unserer Untersuchungen konnten wir zudem den Bindungsmechanismus aufklären und den sogenannten Drosophila Dekondensationsfaktor 31 – kurz Df31 – als Brücke zwischen den snoRNAs und Chromatin identifizieren“, erklärt Imhof. Df31 vermittelt spezifisch die Bindung von snoRNA an das Chromatin und ist damit Teil eines RNA-Protein-Netzwerks, das an der Entstehung von Euchromatin beteiligt ist.

Die Ergebnisse der Studie könnten auch helfen, die Ursachen von Fruchtbarkeitsstörungen aufzudecken, denn der Umbau von Chromatin ist auch bei Vorgängen wie etwa der Spermiogenese ein zentraler Aspekt. „Bei Fliegen mit defektem Df31 ist die Chromatinentpackung im väterlichen Zellkern nach der Befruchtung gestört. Möglicherweise laufen ähnliche Prozesse auch im Säugersystem ab“, sagt Imhof. (Molecular Cell, 2012)
(göd)

Publikation:
Df31 protein and snoRNAs maintain accessible higher order structures of chromatin
T. Schubert, M.C. Pusch, S. Diermeier, V. Benes, E. Kremmer, A. Imhof and G. Längst
Molecular Cell, 27. September 2012
doi:10.1016/j.molcel.2012.08.021
http://www.cell.com/molecular-cell/abstract/S1097-2765(12)00739-3?switch=standard

Kontakt:
Professor Dr. Axel Imhof
Histone Modifications Group
Scientific Coordinator ZfP (Zentrallabor für Proteinanalytik)
Adolf Butenandt Institut
Lehrstuhl für Molekularbiologie
Tel.:089-2180-75420
Fax: 089 – 2180 – 75440
Email: aimhof@med.uni-muenchen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Menschen vs Maschinen – Wer ist besser in der Spracherkennung?

Sind Menschen oder Maschinen besser in der Spracherkennung? Eine neue Studie zeigt, dass aktuelle automatische Spracherkennungssysteme (ASR) unter lauten Bedingungen eine bemerkenswerte Genauigkeit erreichen und manchmal sogar die menschliche Leistung…

KI-System analysiert subtile Hand- und Gesichtsgesten zur Gebärdenspracherkennung.

Nicht in der Übersetzung verloren: KI erhöht Genauigkeit der Gebärdenspracherkennung

Zusätzliche Daten können helfen, subtile Gesten, Handpositionen und Gesichtsausdrücke zu unterscheiden Die Komplexität der Gebärdensprachen Gebärdensprachen wurden von Nationen weltweit entwickelt, um dem lokalen Kommunikationsstil zu entsprechen, und jede Sprache…

Forscherin Claudia Schmidt analysiert durch Gletscherschmelze beeinflusste Wasserproben arktischer Fjorde.

Brechen des Eises: Gletscherschmelze verändert arktische Fjordökosysteme

Die Regionen der Arktis sind besonders anfällig für den Klimawandel. Es mangelt jedoch an umfassenden wissenschaftlichen Informationen über die dortigen Umweltveränderungen. Forscher des Helmholtz-Zentrums Hereon haben nun an Fjordsystemen anorganische…