Ressourcenschonendere Kurbelwellen

Zweizylinderkurbelwellen wie diese kommen zum Beispiel in Autos und Motorrädern zum Einsatz. Ingenieure des IPH erforschen, wie der Herstellprozess ressourcenschonender werden kann.<br>(Quelle: IPH)<br>

IPH holt EU-Projekt nach Niedersachsen / Unternehmen aus Deutschland, Spanien, Rumänien und der Türkei beteiligen sich an Forschung

Ingenieure des IPH möchten Kurbelwellen ressourcenschonender herstellen. Gemeinsam mit dem Institut für Elektroprozesstechnik der Leibniz Universität Hannover und Unternehmen aus Deutschland, Spanien, Rumänien und der Türkei untersuchen die Wissenschaftler derzeit, wie Zweizylinderkurbelwellen mit weniger Material- und Energieeinsatz geschmiedet werden können. Von den Ergebnissen des zweijährigen Forschungsprojekts sollen nicht nur Unternehmen profitieren, sondern auch die Umwelt.

Das Ziel des Forschungsprojekts ist ambitioniert: Statt 11,5 Kilogramm Material sollen in Zukunft nur noch 8,75 Kilogramm erforderlich sein, um eine 7 Kilogramm schwere Zweizylinderkurbelwelle herzustellen. Die Ingenieure möchten den Anteil des überschüssigen Materials, das beim Schmieden als Abfallprodukt (Grat) entsteht, von 54% auf 15% senken. Eine Reduzierung des Grats könnte der Industrie viel Geld sparen. Denn die Materialkosten machen gut die Hälfte der Herstellungskosten einer Kurbelwelle aus.

Um ihr Ziel zu erreichen, möchten die Forscher das Material vor dem letzten Schritt im Schmiedeprozess bereits sehr nah an die Endgeometrie heranbringen. Möglich ist dies durch das so genannte mehrdirektionale Schmieden. Dieses Verfahren wurde in den letzten Jahren am IPH entwickelt. Damit sich das Material bestmöglich im Gesenk verteilt, erfolgt die Umformung dabei gleichzeitig aus mehreren Richtungen. Allerdings wurde das Verfahren bislang nur unter Laborbedingungen getestet. In der Industrie wird es noch nicht verwendet. Die Anpassung des Werkzeugs an die Bauteile, die damit hergestellt werden sollen, ist noch zu komplex. Die Werkzeuge sind bislang zu unflexibel, um damit unterschiedliche Bauteile zu fertigen. Aus diesen Gründen ist die Anwendung des neuen Verfahrens für Unternehmen derzeit noch zu aufwändig und teuer.

Gemeinsam mit Industrieunternehmen aus vier Ländern und einem Forschungsinstitut aus Hannover möchte das IPH das mehrdirektionale Schmieden nun weiterentwickeln. Geplant ist unter anderem eine Modularisierung des mehrdirektionalen Werkzeugs. Dadurch sollen sich unterschiedliche Arten von Zweizylinderkurbelwellen herstellen lassen.

Die Forscher betrachten in ihrem Projekt die gesamte Prozesskette zur Herstellung einer Zweizylinderkurbelwelle. Das IPH konstruiert und simuliert dazu unterschiedliche Umformstufen. Untersucht wird außerdem die lokale induktive Erwärmung des Bauteils während der Herstellung. Eine solche punktuelle Erwärmung ist energiesparender und wird in der Industrie bereits genutzt. Die Forscher wollen ermitteln, ob zudem auch eine Nacherwärmung des Bauteils während des Schmiedeprozesses Sinn macht – und womöglich sogar energieeffizienter ist. Im Projekt entwickeln das Institut für Elektroprozesstechnik und EMA-TEC, ein Hersteller von Induktionserwärmungsanlagen, den Erwärmungsprozess und die Anlagen zur lokalen Erwärmung einer solch komplizierten Geometrie. Die Kurbelwellengeometrie wird von dem Schmiedeunternehmen Omtaº Otomotiv Tranmisyon Aksami beigesteuert, das die Prototypen im Projekt auch schmieden wird; der Formenbauer Aurrenak stellt das mehrdirektionale Werkzeug her. Um zu prüfen, ob die hergestellten Kurbelwellen die gleichen Eigenschaften aufweisen wie konventionell hergestellte, übernimmt der Projektpartner Metav-Cercetare Dezvoltare die Materialanalysen.

Kurbelwellen kommen in PKW und Motorrädern, LKW und Schiffen zum Einsatz. Die geschmiedeten Bauteile müssen hohen Belastungen Stand halten. Je komplizierter die Geometrie eines solchen Schmiedeteils ist, desto anspruchsvoller ist auch der Herstellungsprozess – und desto teurer. Hinzu kommt, dass bisher nur die Hälfte des eingesetzten Materials auch tatsächlich das Produkt ausmacht. Der Rest ist überschüssiges Material. Dieser so genannte Grat muss am Ende des Herstellungsprozesses von dem Produkt entfernt werden. Weil die Materialkosten einen großen Teil der Gesamtkosten ausmachen, sind Unternehmen sehr daran interessiert, ihre Produkte mit weniger Materialeinsatz herzustellen.

Rund 1,1 Millionen Euro steckt die Europäische Union in das Forschungsprojekt „Resource efficient forging process chain for complicated high duty part“ (REForCh) – zu Deutsch: „Ressourceneffiziente Schmiedeprozesskette für komplizierte Bauteile“. An dem Projekt beteiligen sich neben dem IPH auch das Institut für Elektroprozesstechnik (ETP) der Leibniz Universität Hannover sowie die Unternehmen EMA-TEC GmbH (Deutschland), Aurrenak S. Coop. (Spanien), Metav-Cercetare Dezvoltare S. A. (Rumänien) und Omtaº Otomotiv Tranmisyon Aksami San. Ve Tic. A. ª (Türkei). Das zweijährige Forschungsprojekt läuft bis zum 30. September 2014.

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Meike Wiegand idw

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