Eigenvorsorge bei Hochwasserkatastrophen
Die Jahrhundertflut liegt ein Jahr zurück. Was bedeutet es für die Betroffenen, Opfer dieser Katastrophe gewesen zu sein? Wie schützen sie sich vor einem möglichen neuen Hochwasser? Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Universität Magdeburg befragten hierzu mehrere hundert betroffene Haushalte. Die Auswertung zeigt: Es fehlt immer noch eine Kultur der Eigenvorsorge.
Fritz Reusswig und Torsten Grothmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sowie Volker Linneweber von der Universität Magdeburg führten dreimal, zuletzt im August 2003, eine Befragung von mehreren hundert Haushalten in den betroffenen Elbe-Gebieten durch. Die Daten verglichen sie mit einer parallel durchgeführten Untersuchung in hochwassergefährdeten Gebieten am Rhein.
Über 85 Prozent der Befragten in Ost und West sehen den Klimawandel als Faktum an, der wahrscheinlich mit einer Zunahme extremer Wetterereignisse wie Überflutungen oder starker Trockenheit verbunden ist. „Ob mit oder ohne Klimawandel, wir brauchen an der Elbe, aber auch am Rhein eine verbesserte Kultur der Eigenvorsorge“, so der Soziologe Reusswig. Bislang haben zum Beispiel nur 22 Prozent der Befragten im Osten – im Westen sind es 26 Prozent – Pumpen oder Schotten für Kellerfenster angeschafft. Hier gibt es noch viel zu verbessern, denn eine staatliche „Vollkaskoversicherung“ kann es gerade angesichts leerer öffentlicher Kassen nicht geben.
Will man die Eigenvorsorge stärken, werden die viel geforderten Hochwasserrisikokarten kaum ausreichen. „Das Hochwasser als Risiko wahrzunehmen, heißt für die Betroffenen nicht zwangsläufig, auch vorbeugende Maßnahmen gegen Hochwasserschäden zu ergreifen“, so die Psychologen Grothmann und Linneweber. Viel wichtiger ist die Überzeugung, dass man selbst etwas tun kann und die Verantwortung nicht nur beim Staat sieht. „Es ist schon erschreckend, dass sich etwa zwei Drittel unserer Befragten an der Elbe einem Hochwasser hilflos ausgeliefert sehen – nicht nur, weil sie dann keine vorsorgenden Maßnahmen ergreifen, sondern auch wegen der damit verbundenen psychischen Belastung“, so Grothmann und Linneweber.
Wollen Behörden und Versicherungen die Eigenvorsorge stärken, müssen sie die Möglichkeiten des Selbstschutzes klar aufzeigen. Sie müssen aber auch durch eine Zusammenarbeit mit der Bevölkerung das Prinzip der Verantwortungsteilung Realität werden lassen. „Vorbild könnte hier die Hochwasserschutzzentrale Köln sein“, so Grothmann.
Die Schadensvermeidung bei Überschwemmungen muss mit einer Bekämpfung der Ursachen des Klimawandels – vor allem der Emission von Kohlendioxid – Hand in Hand gehen. Zwar zeigt letzteres aufgrund der Trägheit des Klimasystems nur langfristig seine Wirkung, doch nur so kann ein weiterer Anstieg extremer Wetterereignisse gestoppt werden.
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wurde 1992 gegründet und beschäftigt 121 Wissenschaftler. Seine Forschungen zu Klimawandel, Klimafolgen und nachhaltiger Entwicklung sind international anerkannt. Das PIK gehört zur Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL).
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