Miniaturversion eines Fensterputzroboters

Der vom Fraunhofer IPA entwickelte in Bezug auf seine Energieversorgung und Steuerung autonome Fensterputzroboter hat nur noch die Größe eines DIN-A-5-Blatts und wiegt etwa 700 Gramm. Das – voll funktionsfähige – Funktionsmuster bildet die Basis für die Entwicklung eines produkttauglichen Geräts, das schon bald für etwa 200 Euro käuflich sein könnte.

Einfache Bedienung, Robustheit, Handlichkeit und niedriger Preis sind die wichtigsten Anforderungen an einen Fensterputzroboter. Letztes Jahr hat das Fraunhofer IPA seinen „RACCOON“ vorgestellt – den Demonstrator eines tragbaren, autonomen Roboters zur Reinigung von Fensterscheiben im Haushalt. Mit einem Gewicht von 6,5 kg und einer Grundfläche von DIN A3 überschreitet diese erste Entwicklung noch deutlich oben genannte Anforderungen.

Auf der Basis dieses ersten Geräts ist es nun in zwei weiteren Funktionsmustern gelungen, das Gesamtsystem erst auf 1/7, dann auf 1/10 seines Gewichtes zu reduzieren. Diese Funktionsmuster bilden damit die Basis für die Entwicklung eines produkttauglichen Geräts, das schon bald für etwa 200 Euro käuflich sein könnte.

In diesen neuesten Entwicklungen haben die IPAler das Prinzip des gleitenden Saugnapfs für ihren frei kletternden Fensterputzer favorisiert. Es besticht durch seine geringe Komplexität und die darauf basierenden hohen Potenziale zur Miniaturisierung, so dass es für die Entwicklung eines handlichen, preisgünstigen Fensterreinigungsroboters am vielversprechendsten ist. Das Prinzip des gleitenden Saugnapfs beruht auf einer zur Scheibe hin offenen Vakuumkammer, in der durch eine Vakuumpumpe ein definierter Unterdruck erzeugt und gehalten wird. Über einen Antrieb (z. B. 2 unabhängig angetriebene Gummiräder) kann nun diese Vakuumkammer auf der Scheibe verfahren werden.

Das Problem dabei: die auf der Scheibe aufliegende Fläche muss sowohl gute Dicht- als auch gute Gleiteigenschaften besitzen. Optimale Gleit- und Dichteigenschaften besitzen zwei bestehende Reibpartner nie zugleich, denn geringe Reibkräfte bedeuten reduzierte Dichteigenschaften und umgekehrt folgen aus erhöhten Dichteigenschaften höhere Reibung. Auf die Miniaturisierung eines Systems angewandt, heißt das: Gute Dichteigenschaften ermöglichen den Einsatz einer kleinen Pumpe, erfordern aber einen entsprechend größeren Antriebsmotor, um die Saugkammer auf der Scheibe zu verschieben. Der umgekehrte Fall tritt ein bei optimalen Gleiteigenschaften, aber verminderten Dichteigenschaften. Durch Einspritzen einer Flüssigkeit zwischen die beiden Reibpartner haben die Fraunhofer Tüftler diesen Widerspruch jedoch gelöst.

So hat das Fraunhofer IPA im ersten Funktionsmuster ein Robotersystem mit Fluiddichtung aufgebaut. Die Aktorik des ferngesteuerten und akkubetriebenen Systems besteht aus einer Vakuumpumpe, einer Fluidpumpe und zwei Antriebsmotoren. Die Grundfläche dieses ersten Testaufbaus beträgt 12 x17 cm, das Gesamtsystem wiegt weniger als 1 kg. Die Vakuumpumpe hält den Unterdruck in der Vakuumkammer aufrecht. Die Fluidpumpe pumpt in regelmäßigen Abständen (ca. 2 x pro min) durch winzige Bohrungen wenige Milliliter einer Flüssigkeit aus einem an Bord befindlichen Tank zwischen Scheibe und Dichtfläche. So entsteht ein Flüssigkeitsfilm, der ein extrem reibungsarmes und damit energiesparendes Gleiten erlaubt. Die Vakuumkammer wird dabei optimal abgedichtet, so dass die Vakuumpumpe nur ca. jede Minute für den Bruchteil einer Sekunde eingeschaltet werden muss, um den erforderlichen Unterdruck zu halten.

Gleichzeitig übernimmt die Gleit- und Dichtungsflüssigkeit schon eine gewisse Reinigungswirkung: hinter der Vakuumkammer bleibt während der Fahrt ein feiner Flüssigkeitsfilm mit von der Scheibe gelöstem Schmutz zurück. Ein um die Vakuumkammer angebrachter Ring nimmt den Flüssigkeitsfilm samt Schmutz auf. Auf diese Weise konnten Halte- und Reinigungssystem in einer Komponente vereinigt und dadurch die Komplexität des Gesamtsystems auf einem sehr niedrigen Niveau gehalten werden.

Im zweiten Funktionsmuster entwickelten die Roboterspezialisten ein innovatives Konzept, das die Teileanzahl und damit die Komplexität des Systems durch weitere Funktionsvereinigung noch stärker reduzierte: Zwei nebeneinander in einem gemeinsamen Grundrahmen rotierende Vakuumkammern ermöglichen durch eine spezielle, patentierte Lagerung eine in Richtung und Geschwindigkeit steuerbare Vorwärtsbewegung. Dadurch entfallen die Antriebsräder. Die Rotationsbewegung der Scheiben hat zusätzlich eine abrasive Wirkung und steigert dadurch die Reinigungsleistung des Systems. Reinigungs-, Halte- und Bewegungssystem können so in einer Komponente, den Vakuumkammern, vereint werden, bei gleichzeitiger Steigerung des Reinigungsergebnisses. Dieses Konzept eröffnet damit neue Potenziale in Bezug auf Miniaturisierung und geringe Komplexität. Es wiegt nur noch 600 g und hat eine Grundfläche von 10 x 15 cm.

In den folgenden Entwicklungsschritten soll dieses Prinzip aus dem Stadium des Funktionsmusters in einen Prototyp überführt werden. Dabei werden Größe und Gewicht weiter optimiert sowie die fertigungs- und bedienungsgerechte Gestaltung weiterentwickelt. Damit das produkttaugliche und marktfähige Gerät für den Haushalt bzw. die Reinigungsbranche schon bald zur Verfügung steht, suchen das Fraunhofer IPA Partner mit Kompetenzen in der Reinigungstechnik sowie Partner mit Interesse an der Produktion des Fensterroboters.

Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Dipl.-Ing. Florian Simons, Telefon: 0711-970-1060, E-Mail: fls@ipa.fraunhofer.de

Media Contact

Jörg-Dieter Walz idw

Weitere Informationen:

http://www.ipa.fraunhofer.de

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