Solidarität zwischen den Generationen im Kampf gegen den Klimawandel
Menschen in einem hohen Lebensalter sind durchaus zu Investitionen in Maßnahmen gegen den Klimawandel bereit, auch wenn sie selbst von den Ergebnissen nicht mehr profitieren. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt an der Universität Heidelberg, in dem Wissenschaftler aus den Bereichen Psychologie, Umweltökonomik, Gerontopsychologie und Verhaltensökonomie der Frage nachgingen, wie sich Überalterung und Klimawandel auf die Steuerung der Klimapolitik auswirken.
Die Forscher zeigen darüber hinaus Möglichkeiten auf, wie der Gesetzgeber neben klassischen Mitteln der Umweltpolitik mit gezielter Information umweltfreundliches Verhalten fördern kann. Das Projekt „ClimAge – Klimaschutzpolitik in alternden Gesellschaften: Komplexe Klimasysteme, Kognition und Zahlungsbereitschaft“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
„Im Mittelpunkt unserer Forschungen standen der individuelle, alternde Entscheidungsträger und dessen Bereitschaft, ausreichende materielle Beiträge zur Vermeidung des Klimawandels zu leisten“, erklärt Prof. Timo Goeschl, (PhD), vom Alfred-Weber-Institut für Wirtschaftswissenschaften (AWI). „Da der Nutzen der hohen Investitionen erst in 50 bis 100 Jahren spürbar sein wird, stellt sich beispielsweise die Frage, ob Senioren nach der klassischen Annahme der Eigennutzmaximierung eine Verwendung von Steuermitteln vorziehen, von der sie selbst noch profitieren. Andererseits handeln Menschen auch nach dem Gebot der Fairness – hier war aber unklar, ob solche Präferenzen nur innerhalb einer Generation oder auch zwischen den Generationen bestehen.“
Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass bisherige Untersuchungen ein zu pessimistisches Bild zeichnen, weil sie Altruismus zwischen den Generation nicht oder zu wenig berücksichtigen. „Wir haben festgestellt, dass es bei Studienteilnehmern, die zwischen eigenen finanziellen Interessen und einem Beitrag zu langfristigen Klimamaßnahmen abwägen sollten, keinen negativen Zusammenhang zwischen Lebensalter und der Entscheidung für den Klimaschutz gab. Vielmehr waren die älteren Teilnehmer sogar bereit, mehr zu den Klimaschutzmaßnahmen beizutragen, was für die Existenz von intergenerationalem Altruismus als Handlungsnorm spricht“, erklärt Prof. Dr. Christiane Schwieren vom AWI.
Ein weiterer Gegenstand der Forschungen war die Annahme, dass viele Bürger die komplexen Zusammenhänge des Klimawandels und seiner Folgen nicht verstehen. Hier stellte sich die Frage, ob eine Alterung mit Einschränkungen kognitiver Fähigkeiten diese Problematik noch verschärfen könnte. Nach den Heidelberger Forschungsergebnissen ist ein Teil der in bisherigen Untersuchungen festgestellten Verständnisprobleme bei grundlegenden Zusammenhängen im Klimasystem nicht auf kognitive Defizite zurückzuführen, sondern auf die Darstellungs- und Frageform. „Wenn die Zusammenhänge verbal und nicht in Form von eher wissenschaftlichen, abstrakten Abbildungen dargestellt und abgefragt wurden, gab es keine Verständnisprobleme – und auch keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersgruppen“, erläutert Prof. Dr. Joachim Funke vom Psychologischen Institut.
Nach den Worten der Heidelberger Wissenschaftler kommt damit der Information eine besondere Rolle zu. Ein wichtiger Aspekt ist außerdem die öffentliche Wahrnehmung des Problems Klimawandel, denn bei den Studien orientierten sich die Teilnehmer bei ihrer Entscheidung an den Verhaltensnormen anderer. „Wurde den Teilnehmern vor ihrer eigenen Entscheidung mitgeteilt, dass andere einen hohen Beitrag geleistet haben, so waren sie in ihrer eigenen Entscheidung auch eher bereit, mehr zu zahlen“, erklärt Timo Goeschl. Der Umweltpolitik eröffne dieses Resultat – neben klassischen Möglichkeiten wie der Besteuerung umweltschädlichen Verhaltens – eine weitere Möglichkeit, höhere private Klimaschutzinvestitionen zu erreichen, indem entsprechende Informationen bereitgestellt werden. „Bei umweltfreundlichen Konsumentscheidungen spielen eben nicht nur finanzielle Gesichtspunkte eine Rolle, sondern auch das beobachtbare Konsumverhalten der Mitmenschen“, erläutert Christiane Schwieren.
Das dreijährige Forschungsprojekt ist aus Arbeiten am Marsilius-Kolleg der Ruperto Carola hervorgegangen. Beteiligt waren neben Prof. Goeschl, Prof. Schwieren und Prof. Funke auch Prof. Dr. Johannes Schröder von der Medizinischen Fakultät Heidelberg sowie weitere Wissenschaftler. Die Forschung des ClimAge-Projekts steht mit ihrem breiten und interdisziplinären Ansatz exemplarisch für eine Reihe von Forschungsprojekten, die durch die Neugründung des Heidelberg Center for the Environment angestoßen wurden. Weitere Informationen sind im Internet unter http://climage.wordpress.com zu finden.
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