Kontrolle von Reibung durch Maßschneidern der van der Waals-Kräfte
Diese intermolekularen Wechselwirkungen zwischen zwei reibenden Materialien sind zwar schon lange bekannt, wurden aber in der Praxis noch nie nachgewiesen. Dies ist nun erstmals dem Forscherteam um Physik-Professorin Karin Jacobs von der Saar-Uni und Professor Roland Bennewitz vom Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) gelungen. Interessant dabei ist, dass die Reibung auf einer Materialoberfläche vom Aufbau tiefer liegender Schichten beeinflusst wird.
Gemeinsame Presse-Info der Universität des Saarlandes und des INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien
Reibung ist ein alltägliches Phänomen, manchmal erwünscht – wie im oben genannten Fall um das Auto zu beschleunigen –, manchmal unerwünscht, wenn Reibung als Luftwiderstand und Reibung in Motor und Getriebe zum Energieverbrauch des Autos beitragen. Die Kontrolle von Reibung steht daher ganz oben auf dem Wunschzettel von Wissenschaftlern und Ingenieuren. Einen möglichen Ansatz, die Reibung zu kontrollieren, stellen Forscherinnen und Forscher der Saar-Uni und des INM in einer neuen Studie vor: Sie haben festgestellt, dass auch die Zusammensetzung des Materials unterhalb der Oberfläche die Reibungskraft beeinflussen kann.
In ihrer Arbeit haben die Saarbrücker Wissenschaftler die intermolekularen Wechselwirkungen zwischen zwei Materialien näher untersucht. Um diese Kräfte variieren zu können, haben sie mit polierten Silizium-Einkristallplättchen, sogenannten „Wafern“, gearbeitet. „Diese sind mit unterschiedlich dicken Siliziumdioxid-Schichten bedeckt, wie sie zum Beispiel in der Halbleiterindustrie Verwendung finden“, erläutert Karin Jacobs, Professorin für Experimentalphysik an der Universität des Saarlandes.
Das Team um Jacobs hat die Reibung zwischen unterschiedlich dicken Siliziumdioxid-Schichten und einer 200 Nanometer kleinen Rasterkraftmikroskopspitze genau untersucht, indem es die Spitze über die Wafer gezogen hat. Dabei sind die Physiker auf eine Besonderheit gestoßen: Obwohl die oberste Schicht der Wafer immer aus Siliziumdioxid besteht, ist die Rasterkraftmikroskopspitze unterschiedlich starken Reibungskräften ausgesetzt. „Die Reibung ist umso stärker, je dünner die Oxidschicht ist“, erläutert die Physikerin. So unterschied sich die Reibungskraft der Plättchen je nach Dicke der Siliziumdioxid-Schicht in der Studie um bis zu 30 Prozent. Der Effekt blieb auch dann bestehen, wenn die Siliziumplättchen noch mit einer wasserabweisenden Monolage von Silanmolekülen, langkettigen Kohlenwasserstoffen, belegt waren.
„Für die Praxis haben diese Resultate unserer Studie weitreichende Konsequenzen“, sagt Jacobs. „Da die Stärke der van der Waals-Kräfte von der Zusammensetzung eines Materials bis hin zu einer Tiefe von 100 Nanometern abhängt, kann – neben der bekannten Wirkung von Schmiermitteln – auch ein cleverer Schichtaufbau die Reibung herabsetzen.“
Die Ergebnisse sowie eine theoretische Beschreibung wurden nun in der renommierten Zeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht:
M. Lessel, P. Loskill, F. Hausen, N.N. Gosvami, R. Bennewitz, and K. Jacobs, „Impact of van der Waals interactions on single asperity friction“.
DOI: 10.1103/PhysRevLett.111.035502
Kontakt:
Prof. Dr. Karin Jacobs
Experimentalphysik
Tel.: 0681 302-717 88
E-Mail: k.jacobs(at)physik.uni-saarland.de
www.uni-saarland.de/jacobs
http://jacobs.physik.uni-saarland.de/publikation/publikation.htm
Prof. Dr. Roland Bennewitz
Leibniz-Institut für Neue Materialien
Tel.: 0681 9300-213
E-Mail: roland.bennewitz(at)inm-gmbh.de
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