Landwirtschaftliche Phosphorrückgewinnung

Aus landwirtschaftlichen Reststoffen sollen im EU-Projekt PhosFarm wertvolle Bodenverbesserer und Düngesalze gewonnen werden.<br><br>© Fraunhofer IGB<br>

Das von der EU geförderte Forschungsprojekt PhosFarm will daher auch organisch gebundenen Phosphor aus landwirtschaftlichen Reststoffen als Quelle für Phosphatdünger erschließen: Mithilfe von immobilisierten Enzymen sollen organische Phosphorverbindungen abgespalten und als Phosphat zurückgewonnen werden.

Phosphor ist ein elementarer Pflanzennährstoff für die Landwirtschaft. Um eine wachsende Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln sowie biobasierten Kraft- und Rohstoffen zu versorgen, wird der Bedarf an Düngemitteln weiter steigen. Im Jahr 2008 wurden allein in der EU ca. 1,4 Millionen Tonnen Phosphor für synthetisch hergestellte Phosphatdünger verbraucht. Dabei sind die Vorkommen an Rohphosphaten endlich und auf nur wenige Länder, darunter China, Marokko, Tunesien und die USA, begrenzt. Dies macht andere Länder abhängig von Importen.

Neue Technologien, um gelöstes anorganisches Phosphat aus kommunalem Abwasser als Düngesalze zurückzugewinnen, stehen bereits zur Verfügung. Eine weitere, bisher weitgehend ungenutzte Phosphatquelle stellen Reststoffe wie Gülle aus der Tierhaltung oder Gärreste aus Biogasanlagen dar. Während in der wässrigen Flüssigphase dieser Reststoffe Phosphor – wie im Abwasser – als Phosphat gelöst ist, liegt Phosphor im Feststoffanteil dieser Reststoffe gebunden in biochemischen Molekülen wie Phospholipiden, Nukleotiden und Nukleinsäuren vor.

Landwirtschaftliche Reststoffe stellen ein enormes Reservoir für die Phosphorrückgewinnung dar: So fallen in der EU jährlich mehr als 1800 Millionen Tonnen Gülle an und das Aufkommen an Gärresten aus Biogasanlagen wächst. Vor allem Gülle aus der Geflügel- und Schweinezucht enthält rund die Hälfte des Gesamtphosphors in organisch gebundener Form. Im Projekt PhosFarm sollen auch diese organischen Reststoffe als Phosphatquelle erschlossen werden. Hierzu will das Projektkonsortium unter der Koordination des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB einen nachhaltigen Prozess entwickeln und in Form eines integrierten Anlagenkonzepts realisieren, in dem – vor allem durch eine enzymatische Mobilisierung des organisch gebundenen Phosphors – bis zu 90 Prozent des Gesamtphosphors zurückgewonnen werden.

Für diesen neuen Ansatz sollen Phosphat hydrolysierende Enzyme an geeigneten Trägern immobilisiert werden. »Wir konnten bereits in vorausgehenden Versuchen am Fraunhofer IGB zeigen, dass diese Enzyme in der Lage sind, anorganisches Phosphat aus Modellverbindungen abzuspalten«, erläutert Jennifer Bilbao, die das Projekt am IGB leitet. »Nach Abtrennung der festen Phase kann das gelöste Phosphat aus der flüssigen Fraktion als Magnesiumammoniumphosphat oder Calciumphosphat gefällt werden. Diese Salze sind gut pflanzenverfügbar und direkt als Dünger einsetzbar«, erklärt Bilbao.

Die verbleibende entwässerte feste Phase wird mit einem energieeffizienten Trocknungsprozess, der mit überhitztem Wasserdampf anstelle heißer Luft arbeitet, getrocknet und als organisches Substrat für die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit aufgearbeitet. Je nach Bedarf, das heißt abgestimmt auf die Pflanzenart und Bodenbeschaffenheit, können diese Bodenverbesserer mit den zurückgewonnenen mineralischen Düngesalzen zu einem Substrat mit definiertem N/P-Verhältnis vermischt werden.

»Mit den gewonnenen mineralischen Phosphatdüngern und den organischen Bodenverbesserern können synthetische Phosphatdünger eingespart und eine Überdüngung durch das direkte Ausbringen von Gülle vermieden werden«, beschreibt Bilbao die Vorteile des neuen Konzepts. »Durch den Erlös aus dem Verkauf der Produkte verbinden wir zudem die wirtschaftliche Wertschöpfung aus einem Reststoff mit einem umweltfreundlichen Kreislaufprozess für Phosphor.«

Seit September 2013 wird das Projekt »PhosFarm – Process for sustainable phosphorus recovery from agricultural residues by enzymatic process to enable a service business for the benefit of European farm community« im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU gefördert (Grant Agreement No. 605771). Das Projektkonsortium umfasst neben dem Fraunhofer IGB als weitere Forschungspartner VITO (Belgien) und die Schwedische Universität für Agrarwissenschaft (SLU, Schweden) sowie die Firmen Chiral Vision (Niederlande), Geltz Umwelttechnologie GmbH (Deutschland), Heckmann Maschinenbau und Verfahrenstechnik GmbH (Deutschland), Purines Almazan, S.L. (Spanien), Agroenergie Hohenlohe GmbH (Deutschland), ASB Grünland Helmut Aurenz GmbH (Deutschland) und Servimed Almazan, S.L. (Spanien).

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