Millionenförderung für einzigartige Studie zu Hepatitis-B-Behandlung

Für die Dauer von vier Jahren beobachten die Forscher Patienten, bei denen gängigen Medikamente nach mehrjähriger Behandlung kontrolliert abgesetzt werden. Die notwendige Einnahmedauer ist bei chronischer Hepatitis B bislang unklar, so dass die zu erwartenden Studienergebnisse für Ärzte und Betroffene weltweit von großem Nutzen sein werden.

Die „STOP-NUC“ benannte Studie untersucht Patienten, die unter einer chronischen Leberentzündung leiden, ausgelöst durch eine Infektion mit Hepatitis-B-Viren. Es handelt sich um eine der häufigsten Infektionserkrankungen weltweit und eine der häufigsten Ursachen für Leberkrebs. Einmal erkrankt, ist das Virus schwer wieder loszuwerden.

Der Großteil aller Betroffenen erhält eine Langzeittherapie in Tablettenform mit so genannten Polymerase-Inhibitoren, die das Virus hemmen, sich zu vermehren. Die Therapie wird allgemein gut vertragen. Allerdings gibt es selten bei bestimmten Substanzen Auswirkungen auf die Niere und Knochen und die potenziellen Langfristfolgen sind nicht gut untersucht. Bis heute ist nicht geklärt, ob und wann im Behandlungsverlauf mit der Medikamentengabe aufgehört werden kann oder ob sie lebenslang fortgesetzt werden muss. Weltweit fehlen dazu belastbare Untersuchungen.

Infektionskontrolle teils möglich
Das bisherige Wissen stützt sich nur auf Beobachtungen einer Pilotstudie aus Griechenland. Bei Patienten, die auf die antivirale Therapie über vier bis fünf Jahre gut angesprochen hatten, wurde die Therapie abgesetzt. Ungefähr die Hälfte von Ihnen konnte danach ohne Medikamente weiterleben, erläutert Prof. Thomas Berg, Leiter der Sektion Hepatologie. „Das Spannende ist, dass ein Drittel dieser Patienten dann im weiteren Verlauf das Virus sogar ganz verloren haben. Ein Effekt, der bei einer fortgesetzten Medikamenteneinnahme so wahrscheinlich nicht eingetreten wäre. Nach dem Absetzen kommt es zwar regelhaft zu einem Wiederanstieg der Viruslast, der bei vielen aber von alleine wieder zurück geht. Der Körper scheint dies wie eine Neuinfektion wahrzunehmen und darauf eine immunologische Abwehrreaktion auszulösen, die dann zu einer langfristigen Kontrolle der Infektion führt.“
25 beteiligte Zentren bundesweit
An diesem Punkt setzen die Wissenschaftler der STOP-NUC-Studie an. In den kommenden Jahren werden an bundesweit 25 Behandlungszentren insgesamt 160 Patienten mit einer chronischen Hepatitis B (HBeAg negativ), die gut auf eine Therapie ansprechen, in die Studie eingeschlossen und über mehrere Jahre beobachtet. Ein Teil von ihnen wird weiter mit Medikamenten behandelt, bei den anderen wird kontrolliert abgesetzt. Der Vergleich der jeweiligen Verläufe werde endlich aussagekräftige Ergebnisse liefern, ist Prof. Thomas Berg überzeugt: „Zusätzlich soll geklärt werden, ob voraussagbar ist, bei welchen Patienten das Absetzen erfolgreich verläuft. Dann könnte man es in Zukunft den anderen ersparen. Wir sehen einen Zusammenhang mit der Konzentration von Hepatitis-B-Eiweißstoffen, dem so genannte HBs-Antigen, aber das liegt alles noch im Dunkeln.“

Die Projektidee stammt von Dr. Florian an Bömmel (Sektion Hepatologie), der ergänzt: „Die Studie ist sehr innovativ und ihre Fragen beschäftigen international alle Hepatitis B-Behandelnden. Die Ergebnisse, so viel steht schon jetzt fest, werden große Beachtung finden.“ Entwickelt wurde die Studie zusammen mit dem Zentrum für Klinische Studien (ZKS). Es ist eine Einrichtung der Medizinischen Fakultät – geschaffen, um Wissenschaftler bei der umfangreichen Planung und Beantragung von Studien zu unterstützen.

In den kommenden Jahren werden die Daten aus den beteiligten Zentren in Leipzig zusammenlaufen und am ZKS ausgewertet. Dass die Leipziger Projektidee erfolgreich aus dem Auswahlverfahren der gemeinsamen Initiative der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Bundesforschungsministerium zur Förderung klinischer Studien in Deutschland hervorgegangen ist, sieht Berg auch in der Zusammenarbeit begründet. „Auf die jährliche Ausschreibung werden immer mehrere hundert Studienanträge eingereicht. Unter die wenigen Auserwählten gekommen zu sein, sehen wir als hohe Auszeichnung.“

Faktenzusammenfassung
Projektname: „Definiertes Absetzen einer Nukleosi(t)danaloga-Therapie bei HBeAg-negativen Patienten mit chronischer Hepatitis B – eine randomisierte Studie (STOP-NUC)“
Projektleitung: Dr. Florian van Bömmel und Prof. Dr. Thomas Berg der Sektion Hepatologie des Universitätsklinikums Leipzig sowie Prof. Dr. Markus Löffler und Dr. Oana Brosteanu, Zentrum für Klinische Studien der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig
Laufzeit: November 2013 bis Ende Oktober 2017
BMBF-Fördersumme: 1.132.345 Euro
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Thomas Berg
Sektion Hepatologie
Uniklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie
Telefon: +49 341 97-12330
E-Mail: thomas.berg@medizin.uni-leipzig.de
Web: www.uniklinikum-leipzig.de
Dr. Florian van Bömmel
Telefon: +49 341 97-12252
E-Mail: florian.vanboemmel@medizin.uni-leipzig.de
Web: www.uniklinikum-leipzig.de

Media Contact

Diana Smikalla Universität Leipzig

Weitere Informationen:

http://www.uniklinikum-leipzig.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Klimawandel führt zu mehr alpinen Gefahren

Von Steinschlag bis Eislawine: So hat der Klimawandel die Naturgefahren in den Alpen verändert. Der Klimawandel intensiviert vielerorts Naturgefahren in den Bergen und stellt den Alpenraum damit vor besondere Herausforderungen….

SAFECAR-ML: Künstliche Intelligenz beschleunigt die Fahrzeugentwicklung

Mit neuen Methoden des Maschinellen Lernens gelingt es, Daten aus der Crashtest-Entwicklung besser zu verstehen und zu verarbeiten. Im Projekt SAFECAR-ML entsteht eine automatisierte Lösung zur Dokumentation virtueller Crashtests, die…

Robotergestütztes Laserverfahren ermöglicht schonende Kraniotomie im Wachzustand

Um während neurochirurgischen Eingriffen komplexe Hirnfunktionen testen zu können, werden diese an wachen, lokal anästhesierten Patienten durchgeführt. So können die Chirurgen mit ihnen interagieren und prüfen, wie sich ihr Eingriff…