Mutmaßliche Urahnen eines wichtigen Enzyms gefunden
Das Gas Stickstoffmonoxid (NO) mischt im Körper des Menschen bei der Regulation der Blutgefäße und der Immunabwehr mit. Im Zentralen Nervensystem wirkt es zudem als Botenstoff. Kein Wunder, dass sich die Wissenschaft sehr für dieses kurzlebige Gas und besonders für die Enzyme interessiert, die es entstehen lassen. Neues hierzu haben Wissenschaftler aus Würzburg und Heidelberg herausgefunden.
Es sind Enzyme namens NO-Synthasen, die im Organismus Stickstoffmonoxid erzeugen. Laut Professor Thomas Dandekar, der in Würzburg den Lehrstuhl für Bioinformatik innehat, bestehen diese Enzyme bei allen Säugetieren aus zwei Einheiten und funktionieren nur dann, wenn beide Bausteine miteinander verbunden sind und ordentlich zusammenarbeiten.
Eine dieser Einheiten, die so genannte Oxygenase-Domäne, scheint von Bakterien abzustammen: Bei den Mikroorganismen finden sich nämlich sehr ähnlich gebaute Proteine. Nun wollten die Forscher wissen, ob es bei Bakterien auch einen Vorfahren für den zweiten Baustein des Enzyms gibt, der Reduktase-Domäne heißt. Der Diplom-Informatiker Tomasz Zemojtel durchsuchte und verglich am Lehrstuhl die Gen- und Proteinsequenzen verschiedener Bakterien – und wurde fündig: Den Analysen zufolge könnte ein Molekül mit dem zungenbrecherischen Namen „Sulfit-Reduktase-Flavoprotein“ ein Prototyp für die zweite Enzym-Domäne sein.
„Allerdings liegen die beiden Bausteine bei Bakterien immer voneinander getrennt vor; die Verschmelzung zu einem großen Ganzen ist nur bei höher entwickelten Organismen vollzogen“, so Dandekar und Mitarbeiter. Jetzt seien die Biochemiker an der Reihe: Sie müssten die beiden mutmaßlichen Enzym-Vorläufer miteinander vereinigen und dann prüfen, ob das Ganze auch als NO-Synthase funktioniert. „Rein von der Sequenz und der Struktur her müsste es gut gehen“, meinen die Würzburger Bioinformatiker.
Durch die Erforschung der Evolution der NO-Synthase könne man besser verstehen, wie die beiden Enzym-Domänen „miteinander sprechen“, so Dandekar. Das könnte später von Nutzen sein, wenn zum Beispiel einmal Medikamente entwickelt werden sollen, welche die Aktivität der NO-Synthase beeinflussen. Eine fehlerhafte Regulierung dieses Enzyms spielt zum Beispiel bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten eine wichtige Rolle.
Ihre neuen Ergebnisse stellen die Würzburger Bioinformatiker Tomasz Zemojtel und Thomas Dandekar zusammen mit der Proteinstrukturforscherin Dr. Rebecca C. Wade von der Heidelberger „European Media Laboratory (EML) Research GmbH“ noch im Oktober in der Fachzeitschrift FEBS-Letters vor. FEBS steht für „Federation of European Biochemical Societies“ (Vereinigung der Europäischen Biochemischen Gesellschaften), die Online-Version ist bereits im Netz abrufbar (siehe unter „Articles in Press“, Link am Ende dieser Mitteilung).
Tomasz Zemojtel, Rebecca C. Wade, Thomas Dandekar: „In search of the prototype of nitric oxide synthase“, FEBS-Letters 27716 (2003).
Weitere Informationen: Prof. Dr. Thomas Dandekar, Tel. 0931-888-4551, dandekar@biozentrum.uni-wuerzburg.de
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