Lagebestimmung im Orbit leicht gemacht
Schaut man in den Nachthimmel, sieht man bei guter Witterung nicht nur die Sterne, sondern erhascht hin und wieder auch einen Blick auf einen Satelliten. In den Erdorbit geschossen, übertragen die großen Exemplare Telefongespräche und Fernsehprogramme, während Kleinsatelliten eine Art Labor sind:
Sie haben Messsysteme an Bord und liefern Forschern Daten für verschiedene Projekte. Ein Beispiel ist der Satellit TET, mit dem Wissenschaftler testen, ob neue Messsysteme den unwirtlichen Bedingungen im Orbit standhalten. Ist das der Fall, können sie auch in andere Kleinsatelliten eingebaut werden.
Ein solches System ist auch das Gyroskop, das Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin gemeinsam mit ihren Kollegen der Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH entwickelt haben.
Die Sensoren helfen dem Satelliten, seine Lage im Orbit zu bestimmen, falls die Sternenkamera versagt oder die Sterne schlecht zu sehen sind. Für eine solche Lagebestimmung sind mindestens drei Gyroskope nötig, eines für jede Raumrichtung. Sie messen die Drehrate des Satelliten und berechnen seine momentane Lage im Orbit. Als Basis dient ihnen das letzte brauchbare Sternenbild.
Die Gyroskope müssen den Bedingungen im niedrigen Erdorbit standhalten – zum Beispiel Temperaturen zwischen minus 40 und plus 80 Grad Celsius unbeschadet überstehen und trotz der hohen Strahlung eine Lebensdauer von mehreren Jahren erreichen. Zudem sollen sie möglichst klein und leicht sein. Denn der Bauraum ist begrenzt, und beim Raketenstart bedeutet jedes Gramm weniger bares Geld. Gyroskope dürfen nicht allzu viel Energie verbrauchen, da Kleinstsatelliten nur ein kleines Solarpanel für ihre Energieversorgung haben.
Kleiner als ein Portemonnaie
»Unser Gyroskop erfüllt alle Bedingungen, und ist auch deutlich kompakter, leichter und energiesparsamer als vergleichbare Geräte«, sagt Michael Scheiding, Geschäftsführer der Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH. So bringt es statt der üblichen 7,5 Kilogramm nur ein knappes Kilo auf die Waage. Auch das Volumen haben die Wissenschaftler stark reduziert. Sind die Geräte üblicherweise so groß wie ein großer Schuhkarton, ist das neue Gyroskop mit 10 mal 14 mal 3 Zentimetern gerade mal so groß wie ein Portemonnaie. Die Forscher wollen die Größe des Systems noch einmal halbieren. Ein weiterer Pluspunkt: Es benötigt nur etwa halb so viel Energie wie vergleichbare Geräte.
Wie haben die Forscher das geschafft? Dazu ist ein Blick ins Innere der faseroptischen Gyroskope nötig. Ihr Kernstück ist eine Faserspule, eine rund ein bis zwei Kilometer lange, aufgewickelte Faser. Je länger die Faser, desto genauer arbeitet das Gyroskop. »Wir haben die Länge der Faser auf 400 Meter reduziert, erreichen aber dennoch die gleiche Genauigkeit«, sagt Marcus Heimann, Wissenschaftler am IZM. »Das haben wir unter anderem über die Auswahl der optischen Komponenten erreicht.«
Auch die Fügestellen der verschiedenen Fasern, die die Lichtquelle, den Detektor und die Spule miteinander verbinden, haben die Forscher optimiert. Auf der Messe SENSOR + TEST vom 3. bis 5. Juni in Nürnberg stellen die Wissenschaftler den Prototyp vor (Halle 12, Stand 12-537). Die Besucher können das Gyroskop auf einem Drehtisch rotieren lassen und es ermittelt die jeweilige Drehrate.
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