Umfassende Studie zur Alzheimer-Demenz

Patientin mit Tomografie-Aufnahmen ihres Gehirns.

Wissenschaftler der Universität Bonn fahnden momentan nach neuen Möglichkeiten, die Alzheimer-Erkrankung früher zu erkennen und wirksamer zu behandeln. An der bundesweiten Studie beteiligen sich neben der Uni Bonn noch 13 weitere anerkannte Demenz-Zentren in Deutschland. Das Projekt ist Teil des Kompetenznetzes Demenz, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kürzlich eingerichtet hat und mit jährlich 2,5 Millionen Euro fördert. In Deutschland gibt es nach Schätzungen etwa 1,5 Millionen Demenz-Kranke; aufgrund der steigenden Lebenserwartung wird diese Zahl in den kommenden Jahrzehnten noch deutlich zunehmen. Etwa 60 bis 70 Prozent aller Fälle lassen sich auf Alzheimer zurückführen.

Das Martyrium beginnt langsam und schleichend, mit Gedächtnislücken oder Orientierungsschwierigkeiten. Doch das Gehirn ist zu diesem Zeitpunkt längst ernsthaft geschädigt, viele Zellen in der Hirnrinde sind schon unwiderruflich abgestorben. In dem Maße, in dem der Zelltod unaufhaltsam fortschreitet, verlernen die Betroffenen, was sie früher so selbstverständlich konnten, schließlich sogar die alltäglichsten Handgriffe. Fünf bis zehn Jahre nach Auftreten der ersten Symptome sind Alzheimer-Kranke komplett pflegebedürftig.

Jeder dritte Senior über 80 leidet unter einer schweren Gedächtnisstörung; Experten rechnen für 2050 allein in Deutschland mit bis zu fünf Millionen Betroffenen. In zwei von drei Fällen ist „Morbus Alzheimer“ der Grund für die fortschreitende Alterssenilität. Kaum eine andere Krankheit wird daher momentan so rege erforscht. Und langsam tragen die Bemühungen Früchte: Mit den Acetylcholinesterase-Hemmern (ACHI) haben die Ärzte seit einigen Jahren erstmals Medikamente an der Hand, die das Fortschreiten der Symptome verlangsamen und den Patienten noch ein paar kostbare Jahre schenken. Die eigentliche Ursache, das Massensterben in der Hirnrinde, lässt sich allerdings noch nicht bekämpfen.

Möglichst früh therapieren

„Je früher die ACHI eingesetzt werden, desto wirksamer sind sie“, erklärt Dr. Frank Jessen von der Bonner Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. „Allerdings gibt es noch keinen sicheren Test, mit dem sich die Erkrankung frühzeitig erkennen lässt.“ Frühzeitig heißt: am besten sogar noch vor den ersten Symptomen. Denn wenn die ersten Erinnerungslücken auftreten, kann das Gehirn schon stark geschädigt sein. „Andererseits kann eine leichte Minderung der Hirnleistung auch ganz einfach altersbedingt sein; sie muss nicht das erste Anzeichen für Alzheimer sein“, betont der Leiter des Diagnostik- und Behandlungszentrums für Gedächtniserkrankungen im Alter (DBGA). „In diesen Fällen hilft ’Gedächtnis-Jogging’ vielleicht sogar besser als alle Medizin.“

Ein Anliegen des Kompetenznetzes ist es daher, die Früherkennung von Demenzen und ihre gegenseitige Abgrenzung zu verbessern. Die Ambulanzen der 14 beteiligten Kliniken nehmen dazu bei jedem ihrer Patienten umfangreiche psychiatrische, neurologische und neuropsychologische Tests vor. Dazu zählen – das Einverständnis der Betroffenen vorausgesetzt – auch Untersuchungen von Blut und Nervenwasser. Insgesamt 2.000 Versuchspersonen wollen die Mediziner so screenen; sie hoffen, ein diagnostisches Merkmal zu finden, das die frühzeitige Unterscheidung „Demenz oder leichte altersbedingte Gedächtnisstörung“ erlaubt.

Wirkstoffkombination auf dem Prüfstand

Ein zweites Projekt will klären, inwieweit sich die Gabe zweier anerkannter Alzheimer-Wirkstoffe bei Patienten mit leichten Gedächtnisstörungen auf die spätere Ausbildung einer Alzheimer-Erkrankung auswirkt. „Wir wissen nicht, ob die Störungen Anzeichen von Alzheimer sind, therapieren sie aber einfach so, als ob sie es wären“, erläutert Dr. Jessen den Ansatz. „So hoffen wir, bei den tatsächlichen Alzheimer-Patienten das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen.“ In einem weiteren Forschungsbereich unter der Leitung des Bonner Psychiaters Professor Dr. Wolfgang Maier fahnden Wissenschaftler nach Risikogenen für die Alzheimer-Demenz.

Ansprechpartner:

Dr. Frank Jessen
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie an der Universität Bonn
Telefon: 0228/287-6367
E-Mail: Frank.Jessen@ukb.uni-bonn.de

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