Innovationsförderung zur Regionalentwicklung nur bedingt geeignet
Sie haben zeitlichen und räumlichen „Biographien“ von Innovationen aus den Branchen Rechtsberatung und Biotechnologie nachvollzogen und festgestellt, dass die Innovationsprozesse hochmobil sind und in räumlich verteilten Netzwerken ablaufen. Innovationsförderung in territorialen Grenzen als Beitrag zur regionalen wirtschaftlichen Entwicklung zu betreiben, greife zu kurz, so Projektleiter Prof. Dr. Oliver Ibert.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sind jüngst im Buch „Produktive Differenzen. Eine dynamische Netzwerkanalyse von Innovationsprozessen“ (transcript Verlag, ISBN 978-3-8376-2699-5) publiziert worden.
Ibert und sein Wissenschaftlerteam forschen seit langem zu Innovationen und Wissen aus räumlicher Perspektive. Sie stellten fest, dass bisher dominante Forschungsansätze zu Wissensclustern und kreativen Milieus zu stark an Strukturen und Territorien orientiert sind. Die raumzeitliche Dynamik des Innovationsprozesses – von der ersten Idee bis zum marktreifen Produkt – kann von Studien, die auf Raumeinheiten fokussieren, jedoch nur unzureichend abgebildet werden.
Die Wissenschaftler haben sich daher für einen Prozessansatz entschieden und sieben Fallstudien in Form von „Innovationsbiographien“ erhoben. Die Entwicklung der Innovation wird dabei im Detail rekonstruiert, wobei die Veränderungen in der Qualität und Struktur der Netzwerkbeziehungen der beteiligten Akteure im Fokus stehen. Aus den Fallstudien leiteten die Forscher ein Phasenmodell ab, das die Dynamik der Innovationsnetzwerke in Raum und Zeit widerspiegelt.
„Wir hatten schon früh den Verdacht, dass der Ansatz, Innovationen als regionale Phänomene zu begreifen, eine zu starke räumliche Fixierung darstellt. Daher haben wir uns in unseren Forschungen auf den Prozess selber konzentriert und den Umgang mit Nähe und Distanz währenddessen.“, erläutert Ibert.
„So konnten wir sehen, dass räumliche Nähe für einige Abschnitte einer Innovationsentwicklung zwar Bedeutung hat – insbesondere zu Beginn des Prozesses sind es oft zufällige Anregungen aus dem regionalen Milieu, die Akteure auf unternehmerische Gelegenheiten aufmerksam machen. “
Am Markt gut zirkulierbare Güter und Dienstleistungen müssen sich jedoch von den Ursprungsorten der zugrundliegenden Ideen ablösen können. Im Zuge dessen werden Netzwerkbeziehungen über räumliche Distanz immer wichtiger, je näher die Entwicklung zur Markreife kommt.
Da Innovation als Ergebnisse räumlich verteilter und mobiler Prozess verstanden werden sollten, regen die Wissenschaftler eine differenziertere Sichtweise bei der Nutzung von Innovationsförderung für die Regionalentwicklung an. „Erstens sollten die Logiken von Innovation und territorialer Entwicklung als jeweils eigenlogisch verstanden werden“, sagt Ibert. „Ihr Verhältnis ist somit potenziell konflikthaft.“
So ist es beispielsweise keineswegs gesichert, dass Regionen, in denen Ideen geboren werden hinterher auch die Regionen sind, in denen die Innovationen Wertschöpfung erzeugen und Arbeitsplätze bieten. Zweitens, sollte eine auf Innovationsförderung setzende Regionalpolitik zwar endogene Potentiale entwickeln, dabei aber nicht versäumen, die Region auch nach außen zu öffnen und sich in globalen Wissensnetzwerken zu positionieren.
Chancen ergeben sich nach Ansicht der Forscher dort, wo es die Regionalpolitik schafft, für Teile des Innovationsprozesses ein fruchtbares Umfeld bereitzustellen und besonders in späten, ökonomisch ertragreichen Phasen der Innovation ein Teil der raumumspannenden Netzwerke zu sein.
Kontakt:
Prof. Dr. Oliver Ibert
Leiter der Forschungsabteilung „Dynamiken von Wirt-schaftsräumen“ des IRS
Tel: 03362/793-152
Mail: ibert@irs-net.de
http://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2699-5/Produktive-Differenzen Das Buch „Produktive Differenzen“ auf den Webseiten des transcript-Verlags
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