WWF analysiert finanzielle Risiken und Chancen für internationale Stromversorger
Für die Stromkonzerne könnte es teuer werden, wenn sie ihre Investitionspolitik angesichts des Klimawandels nicht umstellen. Setzen die Unternehmen weiterhin auf den Neubau von Kohlekraftwerken, müssen sie mit Gewinneinbrüchen von mehr als zehn Prozent rechnen. Gleichzeitig bieten sich für Firmen, die die Weichen frühzeitig für eine CO2-arme Stromerzeugung auf Basis von Erdgas und Erneuerbaren Energien gestellt haben, erhebliche Wettbewerbsvorteile. Zu diesem Ergebnis kommt ein jetzt vom WWF vorgelegter Report der Finanzanalysten Innovest (London). Der Bericht nimmt die Konsequenzen für die Finanzpolitik von 14 internationalen Stromkonzernen, darunter die deutschen Versorger E.on, RWE und MVV, unter die Lupe. Basierend auf verschiedenen Szenarien werden Chancen und Risken für den Sektor analysiert.
Sowohl die internationale als auch die nationale Klimaschutzpolitik hat erhebliche Auswirkungen auf die Rahmenbedingen für anstehende Investitionen. Trotz weltweit unterschiedlicher Ansätze und Gesetzesvorhaben zeichnet es sich ab, dass die Klimaschutzkosten vermehrt den Verursachern in Rechnung gestellt werden. Da 37 Prozent des weltweiten Kohlendioxidausstoßes auf den Stromsektor entfallen, müssen sich die Energieunternehmen besonders auf diese Entwicklung einstellen. Wenn sie an ihrer bisherigen Politik nichts ändern, müssen in Europa insbesondere E.on und Scottish Power mit Mehrkosten in Höhe von neun beziehungsweise fünf Prozent der Gewinne von 2002 rechnen.
Zugleich bieten sich durch die bevorstehenden Änderungen große Chancen für Unternehmen: Der spanische Versorger Iberdrola setzt zum Beispiel vor allem auf Windkraftanlagen und trägt dadurch nur geringe Risiken, wenn sich der CO2-Ausstoß als Folge des angestrebten Emissionshandels in Europa künftig verteuert. Selbst der RWE-Konzern, der noch stark auf Kohle setzt, könnte jährlich zusätzliche Gewinne von etwa 50 Millionen Euro erzielen; bei E.on wären etwa 20 Millionen Euro machbar. „Unternehmen können aber nur dann profitieren, wenn sie sich frühzeitig und aktiv auf Klimaschutz einstellen. Wer früher aus der Kohle aussteigt, wird zu den Gewinnern gehören“, prognostiziert Dr. Stephan Singer vom WWF. Die Naturschutzorganisation fordert die Investoren im Stromsektor auf, die klimapolitischen Rahmenbedingungen bei Investitionen stärker zu berücksichtigen. Im Mittelpunkt der Unternehmensstrategien müsse der schrittweise Ausstieg aus der Kohle stehen. „Von einer solchen Unternehmenspolitik profitieren am Ende die Aktionäre und das Klima“, so Singer. Inwieweit sich der Stromsektor bereits auf das veränderte Investitionsklima eingestellt hat, ist nach Einschätzung des WWF noch unklar. Der WWF-Report macht aber deutlich, dass es viele preisgünstige Maßnahmen gibt, um den Kohlendioxidausstoß zu verringern. Inwieweit dieses Potenzial tatsächlich erschlossen werde, hänge von der Weitsicht der Unternehmensführung ab.
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