Schutzschicht aus der Tiefe
An schmutzabweisende Beschichtungen werden hohe Anforderungen gestellt: Unsichtbar sollen sie sein, dünn, alle erdenklichen Substanzen abstoßen und dabei die gewünschten Substrateigenschaften nicht verändern. Vor allem aber sollen sie dauerhaft schützen.
In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen nun kanadische Wissenschaftler ein neuartiges Konzept auf Basis von kommerziellen Pfropf-Copolymeren vor, die dank eingebetteter kugelförmiger Strukturen (Mizellen) für stets konstante Beschichtungseigenschaften sorgen.
Fett- und wasserabweisende Beschichtungen bestehen häufig aus einer Polyurethan(PU)-Phase, der fluorierte Polymerketten hinzugefügt sind. Allerdings entmischen sich die Fluor- und PU-Phasen mit der Zeit. Dadurch verliert die Beschichtung nicht nur an Transparenz, es verschwinden vor allem mit Abtragung der fluorreichen Oberfläche wertvolle Schutzeigenschaften.
Die Block-Copolymer-Spezialisten Guojun Liu und Muhammad Rabnawaz von der Queens-Universität in Kingston (Kanada) haben deshalb ein System aus selbstorganisierenden Pfropf-Copolymeren aus einem Polyol und einem fluorierten Polymeröl entwickelt, die in einer PU-Beschichtungsmatrix stabile kompakte Strukturen bilden.
„Unsere Vorstellung war, dass diese Polyole sich in bestimmten Lösungsmitteln selbständig in Mizellen zusammenlagern, mit den fluorreichen Seitenketten im Kern und dem Polyol-Rückgrat als Außenschicht“, erläutern die Autoren. Für die Herstellung der PU-Beschichtungsmatrix fügten die Wissenschaftler dann zur dieser Lösung das Stamm-Polyol und ein reaktives Diisocyanat als Vernetzungsmittel hinzu.
Die ausgereifte Beschichtung sollte eine gleichmäßige Verteilung der Mizellen haben, so die Annahme. Wenn die Oberfläche durch Beanspruchung abgenutzt wird, sollen diese Mizellen immer wieder neue Fluordomänen freisetzen.
Wie Liu und Rabnawaz berichten, erweist sich ihre Designer-Beschichtung tatsächlich als transparent, nicht benetzbar, schmutzabweisend, farbresistent und abnutzungsstabil. Durchsichtig ist sie, weil sich die fluorreiche Polymerphase nicht abtrennt, ihre Schmutz- und Tintenresistenz bezieht sie aus dem eingebauten fluorierten Polymeröl, und ihre Wasserfestigkeit resultiert aus dem hohen Vernetzungsgrad im Polymer. Am wichtigsten ist aber die Langlebigkeit der Beschichtung. Durch die eingebauten stabilen Mizellen bleibt die Oberfläche auch bei Abtragung mit immer neuen Fluorkomponenten gut versorgt.
Anwendungsgebiete sehen die Wissenschaftler bei den berührungsempfindlichen Bildschirmen (Touchscreens) und beim Schutz gegen Grafiti. „Unsere fluorierten PU-Formulierungen lassen sich auf die unterschiedlichsten Substrate aufbringen“, erklären sie.
Eine Anwendung präsentieren sie auch gleich in ihrer Veröffentlichung in der Angewandten Chemie: Die Hälfte einer Smartphone-Oberfläche beschichteten sie mit ihrer neuen Designer-Beschichtung und beobachteten keine Veränderung in der Optik oder beim Gebrauch des Touchscreens. Und nicht nur Fingerabdrücke auf elektronischen Kleingeräten lassen sich vermeiden. Auch Wandanstriche sollen vor Klecksereien sicherer werden.
Angewandte Chemie: Presseinfo 14/2015
Autor: Guojun Liu, Queen's University, Kingston (Canada), http://faculty.chem.queensu.ca/people/faculty/Liu/index.html
Permalink to the original article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201501360
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
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