Placeboeffekte bei Altersdepressionen – unabhängig vom Schweregrad
Die Altersdepression ist die meistverbreitete psychische Störung bei älteren Menschen. Sie hat einen stark negativen Einfluss auf die Lebensqualität und Funktionsfähigkeit sowie den Verlauf von körperlichen Erkrankungen. Richtlinien zur Behandlung empfehlen neben psychotherapeutischen Interventionen neuere Antidepressiva.
Bei Erwachsenen lassen sich laut bisherigen Studien gewisse Vorteile der Antidepressiva gegenüber Placebobehandlungen nachweisen. Die Effekte sind aber moderat und werden von der Schwere der ursprünglichen depressiven Symptomatik bestimmt:
Stark depressive Erwachsene sprechen stärker auf Medikamente im Vergleich zum Placebo an. Wie sich nun bei älteren Patienten der Schweregrad der Depression auf die Placeboeffekte auswirkt, haben nun Cosima Locher MSc, Dr. Joe Kossowsky und Prof. Jens Gaab von der Fakultät für Psychologie der Universität Basel erforscht.
Psychosoziale Unterstützung wichtig
Zusammen mit Kollegen der Harvard Medical School analysierten sie die Daten von 19 Studien, die insgesamt 5’737 ältere Menschen ab 55 Jahren untersucht hatten. Die Ergebnisse zeigen, dass hier bei der Behandlung grosse und klinische bedeutsame Placeboeffekte beobachtet werden können. Diese sind bei der Altersdepression nicht vom ursprünglichen Schweregrad der Depression abhängig.
Die Autoren gehen aufgrund ihrer Analyse davon aus, dass bei einer medikamentösen Behandlung von altersdepressiven Patienten vor allem die psychosoziale Unterstützung einen hohen Anteil des Placeboeffekts erklärt – und damit auch der Behandlungsreaktion.
«Diese Erkenntnis ist besonders wichtig für die Behandlung älterer Personen mit depressiven Störungen. Bedeutsam sind hier nämlich die persönliche Zuwendung und die subjektive Plausibilität der Behandlung – und zwar unabhängig vom Schwergrad der Depression, wie wir fanden», sagt Mitautor Prof. Jens Gaab.
Originalbeitrag
Locher, C., Kossowsky, J., Gaab, J., Kirsch, I., Bain, P., & Krummenacher, P. (2015)
Moderation of antidepressant and placebo outcomes by baseline severity in late-life depression: A systematic review and meta-analysis.
Journal of Affective Disorders, 181, 50-60. doi: 10.1016/j.jad.2015.03.062
Weitere Auskünfte
Cosima Locher MSc, Fakultät für Psychologie der Universität Basel, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie, Tel. +41 61 267 03 85, E-Mail: cosima.locher@unibas.ch
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25917293 – Abstract
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen
Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.
Neueste Beiträge
Parallele Pfade: Das Verständnis von Malariaresistenz bei Schimpansen und Menschen
Die nächsten Verwandten des Menschen passen sich genetisch an Lebensräume und Infektionen an Überleben des am besten Angepassten: Genetische Anpassungen bei Schimpansen aufgedeckt Görlitz, 10.01.2025. Schimpansen verfügen über genetische Anpassungen,…
Du bist, was du isst – Stanford-Studie verbindet Ballaststoffe mit Modulation von Anti-Krebs-Genen
Die Ballaststofflücke: Ein wachsendes Problem in der amerikanischen Ernährung Ballaststoffe sind bekanntlich ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung, doch weniger als 10 % der Amerikaner konsumieren die empfohlene Mindestmenge. Eine…
Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl – RNA-Protein-Entdeckung für eine bessere Immunität
HIRI-Forscher entschlüsseln Kontrollmechanismen der Polysaccharidverwertung in Bacteroides thetaiotaomicron. Forschende des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg haben ein Protein sowie eine Gruppe kleiner Ribonukleinsäuren (sRNAs) in…