Leipziger Forscher erhält Gerd Killian-Projektförderung auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler
Über eine viertel Million Menschen mit einem angeborenen Herzfehler leben in Deutschland. Zu den großen Problemen der wachsenden Gruppe der Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) zählt eine fehlerhafte Verbindung zwischen rechter Herzkammer und Lungenschlagader, dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt (kurz RVOT für engl. Right Ventricular Outflow Tract). Solche RVOT-Fehlfunktionen können, wenn sie nicht angeboren sind, auch Folge der chirurgischen Behandlung angeborener Herzfehler sein.
Muss bei Patienten mit RVOT-Fehlfunktion der Herz-Lungen-Kreislauf künstlich durch eine Gefäßprothese (klappentragendes Conduit) wiederhergestellt werden, folgen in der Regel weitere Operationen. Denn diese Prothesen sind von nur beschränkter Lebensdauer, was im Laufe der Zeit zum Verlust der Pulmonalklappenfunktion oder zur Verengung der Lungenschlagader führt und so das Risiko für Leistungseinschränkungen, Herzrhythmusstörungen oder plötzlichen Herztod erhöht.
Ein minimalinvasiver oder chirurgischer Pulmonalklappenersatz mit mehreren Eingriffen ist dann unausweichlich. Das Therapieziel ist deshalb, den optimalen Zeitpunkt für den Klappenersatz möglichst lange hinauszuzögern, um dadurch die Anzahl der Eingriffe gering zu halten.
Allerdings liegen bislang keine Studiendaten für allgemeingültige Kriterien für den optimalen Eingriffszeitpunkt bei Patienten mit einer RVOT-Fehlfunktion vor. Nun sollen Herzspezialisten um PD Dr. Dr. med. Philipp Lurz vom Herzzentrum Leipzig – Universitätsklinik mit Hilfe der mit rund 60.000 Euro dotierten Gerd Killian-Projektförderung 2015 der Deutschen Herzstiftung und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) durch eigene Forschungen entsprechende Erkenntnisse gewinnen.
Das mit der Förderung ausgezeichnete Vorhaben trägt den Titel „Intrinsische rechtsventrikuläre diastolische Funktion bei rechtsventrikulärer Ausflusstraktdysfunktion – klinische Relevanz und Etablierung nicht-invasiver Nachweismethoden“.
Entwicklung einer diastolischen Herzschwäche vermeiden
„Ziel unserer Studie ist es, genauer bestimmen zu können, wann der optimale Zeitpunkt für einen Pulmonalklappenersatz bei diesen Patienten ist und ob das Auftreten einer diastolischen Dysfunktion der rechten Herzkammer hierbei Hinweis gebend sein kann. Daten für die Aufstellung solcher Kriterien insbesondere mit Endpunkten wie Lebensqualität, Überleben und das Ausbleiben von Vorhof- und Kammerflimmern fehlen bislang und würden langwierige Studien erfordern“, erläutert PD Dr. Lurz.
Um bei diesen Patienten frühzeitiger mit einem Pulmonalklappenersatz intervenieren zu können, damit es langfristig nicht zu einer diastolischen Herzschwäche mit den typischen Beschwerden (Atemnot bei Belastung oder in Ruhe, verminderte Leistungsfähigkeit, Wasseransammlungen in Beinen oder an Knöcheln) kommt, erweitern PD Dr. Lurz und sein Team das Spektrum der Untersuchungsverfahren, um mit Hilfe der neuen Studiendaten klarere Kriterien für den Ersatz definieren zu können.
Ergänzt wird das bestehende invasive katheterbasierte Untersuchungsverfahren (Conductance-Katheter) um die nicht-invasive Echokardiographie und kardiale Magnetresonanztomographie, um mit Hilfe dieser Messergebnisse die Herzfunktion der Füllungsphase (Diastole) der rechten Herzkammer besser zu verstehen und Veränderungen nach einer RVOT-Behandlung bei Patienten mit angeborenem Herzfehler beobachten zu können.
Untersucht werden 40 Patienten (Alter zwölf bis 80 Jahre) mit Fehlfunktion der Füllungsphase (Diastole) der rechten Herzkammer und einer RVOT-Fehlfunktion. Diese Patienten werden dann mit einer Kontrollgruppe aus zehn Patienten (Alter 18 bis 80 Jahre) verglichen, die wegen Verdachts auf eine Herzkranzgefäßerkrankung einer Katheteruntersuchung unterzogen werden, aber keinen angeborenen Herzfehler in der rechten Herzkammer aufweisen.
„Mit Hilfe unserer Daten können wir einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, den Eingriff für den Pulmonalklappenersatz besser zu planen und dadurch die häufig sehr jungen Patienten vor verzichtbaren Operationen zu verschonen oder frühzeitig zu behandeln, bevor Veränderungen irreversibel geworden sind“, betont PD Lurz.
Jedes Jahr vergibt die Deutsche Herzstiftung/Kinderherzstiftung gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) auf der Jahrestagung der Kinderkardiologen die Gerd Killian-Projektförderung für patientennahe Forschung im Bereich der Kinderkardiologie oder Kinderherzchirurgie.
Hinweis für Redaktionen: Bilder zu diesem Forschungsprojekt und zur Übergabe der Projektförderung erhalten Sie in druckfähiger Form bei Michael Wichert, Tel. 069 955128-114, E-Mail: wichert@herzstiftung.de
18/2015
Informationen:
Deutsche Herzstiftung e.V.
Pressestelle:
Michael Wichert /Pierre König
Tel. 069/955128-114/-140
Fax: 069/955128-345
E-Mail: wichert@herzstiftung.de/
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