Nachwuchswissenschaftler entwickelt Lösungen für schnelleren Datenverkehr
Eine Lösung für bessere Qualität in der Datenübertragung fand Dr.-Ing. Sander Wahls von der TU Delft in den Niederlanden. Für seine Arbeit zur numerischen Berechnung der nichtlinearen Fouriertransformation erhielt er gestern Abend in Friedrichsdorf den mit 10.000 Euro dotierten Johann-Philipp-Reis-Preis für herausragende, innovative Leistungen auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik.
Die in der Telekommunikationsbranche renommierte Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler wird alle zwei Jahre vom VDE gemeinsam mit der Deutschen Telekom AG und den hessischen Städten Friedrichsdorf und Gelnhausen vergeben, in denen der Erfinder Reis lebte. Die prämierte Arbeit kann deutliche Verbesserungen bringen, ist sich die Jury sicher.
In den optischen Netzwerken, die heute das Rückgrat der Informationsgesellschaft bilden, steuern die Datenraten auf ihr theoretisches Maximum zu. „Anschaulich bezeichnet dieser „capacity crunch“ den Punkt, ab dem man versucht, mehr Daten durch die optischen Fasernetzwerke zu übertragen als eigentlich „reinpassen“. Das würde dann unweigerlich zu Übertragungsfehlern führen, denen man nicht mehr Herr werden könnte. Da der Datenverkehr im Internet seit Jahren exponentiell ansteigt, rückt dieser Punkt schnell näher“, sagt Dr.-Ing. Sander Wahls.
Eine Lösung ist das Verlegen weiterer optischer Fasern: „Das ist sehr teuer und aufwendig, insbesondere bei Unterseekabeln“, sagt der Experte. Sein Ziel ist die Verbesserung der Übertragungsqualität in den bestehenden Fasern. Helfen soll die nichtlineare Fouriertransformation, für die der Preisträger einen effektiven Algorithmus zur Berechnung vorstellt.
“Im Alltag sprechen wir oft einfach lauter, falls uns jemand nicht versteht. Diese einfache Strategie zur Verbesserung der Übertragungsqualität wird auch in vielen Kommunikationssystemen genutzt. In optischer Faser versagt sie allerdings ab einer gewissen Sendeleistung. Die Ursache sind sogenannte nichtlineare Effekte, welche zur Folge haben, dass das Verhalten des optischen Kommunikationskanals stark von der Sendeleistung abhängt“, erklärt VDE-Vorstandsvorsitzender Dr.-Ing. Hans Heinz Zimmer die Problematik, die nun vor einem neuen Lösungsansatz steht.
Sein Thema entdeckte Dr.-Ing. Sander Wahls, der an der TU Berlin Mathematik studierte und dort dann in Elektrotechnik promovierte, über seinen Onkel, der als Professor für Hydromechanik und Küsteningenieurswesen in Braunschweig zu Wasserwellen forschte.
„Er ist vor einigen Jahren auf nichtlineare Fouriertransformationen aufmerksam geworden und hat sie in einem Forschungsprojekt mit sehr interessanten Ergebnissen untersucht. Davon hat er mir dann einmal erzählt. Allerdings habe ich das erst mal nur zur Kenntnis genommen, da Wasserwellen zu der Zeit sehr weit von meiner eigenen Forschung waren“, verrät Wahls. Schließlich erfuhr er aber von einem Verfahren, welches die nichtlineare Fouriertransformation in der optischen Datenübertragung anwendet, so dass mehr Daten in die Fasern „passen“.
In der Datenübertragung sieht er eine praktische Einsatzmöglichkeit für seinen Algorithmus: „Es handelt sich um ein Methode, welche die nichtlineare Fouriertransformation mit besonders wenigen Rechenschritten ermittelt. Für die praktische Realisierung eines Kommunikationssystems ist dies von zentraler Bedeutung, da es die Anforderungen an die Hardware und somit die Kosten drastisch reduziert“, erklärt Wahls die Vorteile.
Für die Jury hat der diesjährige Preisträger, Dr.-Ing. Sander Wahls, damit einen entscheidenden Impuls gesetzt. „Die Methode bietet eine attraktive Alternative zu heutigen Entzerrverfahren für nichtlineare Effekte, in welchen die optische Faser aufwendig über ihre gesamte Länge simuliert werden muss“, beschreibt stellvertretend für die Preisstifter VDE-Chef Zimmer die Möglichkeiten.
Über den Preisträger:
Seit 2014 ist der Preisträger Assistenzprofessor („Universitair Docent“) am Delft Center for Systems and Control der TU Delft in den Niederlanden. Seine Promotion schloss er im Jahr 2011 mit Auszeichnung ab. Bereits während seines Studiums arbeitete er als studentischer Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik in Berlin in der Abteilung Breitbandmobilfunknetze. Danach war er zunächst am Lehrstuhl für Mobilkommunikation der TU Berlin und später am Lehrstuhl für Theoretische Informationstechnik der TU München als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Die Jahre 2012 und 2013 verbrachte er, gefördert durch ein Forschungsstipendium der DFG, als „Postdoctoral Research Fellow“ in der Gruppe von Prof. H. Vincent Poor an der Universität Princeton in den Vereinigten Staaten.
Über den Johann-Philipp-Reis-Preis:
Die Auszeichnung erinnert an den 1834 in Gelnhausen geborenen und 1874 in Friedrichsdorf verstorbenen Johann Philipp Reis. Bereits am 26. Oktober 1861 führte der Autodidakt und Physiker erstmals in Frankfurt am Main das erste Gerät zur Tonübertragung „Telephon“ vor. Damit hatte er noch vor Alexander Graham Bell das Telefon erfunden, aber diese Erfindung nicht patentieren lassen. Gemeinsam mit den Städten Friedrichsdorf im Taunus und Gelnhausen sowie der Deutschen Telekom verleiht der VDE seit 1986 alle zwei Jahre den mit 10.000 Euro dotierten Johann-Philipp-Reis-Preis. „Diese Auszeichnung geht an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis 40 Jahre, die eine herausragende, innovative Veröffentlichung auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik publiziert haben. Das Besondere an der Idee des Johann Philipp Reis war nicht nur das technisch Neue, sondern auch die umwälzenden volkswirtschaftlichen Auswirkungen, die seine Erfindung mit sich brachte. Für den VDE steht die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Fokus.
Über den VDE:
Der VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik ist mit 36.000 Mitgliedern (davon 1.300 Unternehmen, 8.000 Studierende, 6.000 Young Professionals) und 1.200 Mitarbeitern einer der großen technisch-wissenschaftlichen Verbände Europas. Der VDE vereint Wissenschaft, Normung und Produktprüfung unter einem Dach. VDE-Tätigkeitsfelder sind der Technikwissenstransfer, die Forschungs- und Nachwuchsförderung in den Schlüsseltechnologien Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik und ihrer Anwendungen. Die Sicherheit in der Elektrotechnik, die Erarbeitung anerkannter Regeln der Technik als nationale und internationale Normen, Prüfung und Zertifizierung von Geräten und Systemen sind weitere Schwerpunkte. Das VDE-Zeichen, das 67 Prozent der Bundesbürger kennen, gilt als Synonym für höchste Sicherheitsstandards. Die Technologiegebiete des VDE: Informationstechnik, Energietechnik, Medizintechnik, Mikroelektronik, Mikrotechnik sowie Automation. Mehr Infos zum VDE unter: www.vde.com
Pressekontakt: Melanie Unseld, Tel. 069 6308461, melanie.unseld@vde.com
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