Bakterien und Viren finden Tumore und bringen sie zum Leuchten
Licht aussendende Bakterien und Viren können Tumore und selbst kleinste Metastasen im Körper sichtbar machen. Eine Erkenntnis, die die Diagnose bei Krebspatienten revolutionieren könnte.
Aladar Szalay, Inhaber einer Forschungsprofessur am Rudolf-Virchow-Zentrum / DFG-Forschungszentrum für Experimentelle Biomedizin der Universität Würzburg, berichtet darüber in der März-Ausgabe des Magazins „Nature Biotechnology“. Gemeinsam mit den Mitarbeitern an seinem ehemaligen Arbeitsplatz, der Medical School der Linda Loma University in Kalifornien, Forschern der biomedizinischen Firma Genelux in San Diego und dem Würzburger Mikrobiologen Werner Göbel ist es dem Wissenschaftler gelungen, Tumore im Mausmodell zu finden und sie aufleuchten zu lassen.
Wenn sich das Verfahren in klinischen Tests bestätigen sollte, könnte das in Zukunft so aussehen: Verdacht auf Krebs. Der Patient bekommt eine Spritze, die zum Beispiel Darm-Bakterien enthält. Die Bakterien sind genetisch so verändert, dass sie dem Menschen keinen Schaden zufügen und außerdem blaugrünes Licht aussenden. Sie breiten sich zunächst im ganzen Körper aus, werden aber innerhalb weniger Tage vom Immunsystem vernichtet. Nur in den Tumoren können die Bakterien dem tödlichen Angriff der Immunzellen entkommen. Sie überleben in dieser natürlichen Nische und beginnen sich zu vermehren. Mit Hilfe einer speziellen Kamera macht man dann eine Ganzkörperaufnahme: Der Primärtumor und die Metastasen werden als blaugrüne Flächen sichtbar.
Die leuchtenden Lebenddetektoren können also ähnlich wie die heute üblichen Diagnoseverfahren Computertomographie (CT) oder Magnetresonanzimaging (MRI) Tumore im Körper der Patienten sichtbar machen. Darüber hinaus besitzen sie einige Vorteile. Die Empfindlichkeit ist sehr hoch. Im Mausmodell konnten selbst kleinste Metastasen mit einem Durchmesser unter einem Millimeter sichtbar gemacht werden. Ist das Licht im Tumor einmal angeschaltet, bleibt das Leuchten über mehrere Wochen bestehen. „Man könnte das Verfahren daher auch benutzen, um die Wirksamkeit und den Verlauf einer Therapie zu bewerten“, erläutert Aladar Szalay, „möglicherweise geht das Licht aus, wenn die Behandlung anschlägt.“
Auch ein zukünftiger therapeutischer Einsatz ist denkbar. „Man könnte die Bakterien und Viren genetisch so verändern, dass sie ausschließlich im Tumor Wirkstoffe freisetzen“, erklärt Szalay das Prinzip. Während sich Medikamente, verabreicht über das Blutsystem, immer weiter verdünnen, würde man hier sogar eine millionenfache Verstärkung beobachten. Die leuchtenden Detektoren vermehren sich im Tumor, die Konzentration des Antikrebs-Wirkstoffes würde daher lokal immer weiter ansteigen. „Die ersten Experimente an der Maus sind vielversprechend“, verrät der Forscher.
Das Rudolf-Virchow-Zentrum ist das DFG-Forschungszentrum für Experimentelle Biomedizin und gehört als Zentrale Einrichtung zur Universität Würzburg. Das Zentrum wurde im Januar 2002 gegründet und ist eines von drei im Sommer 2001 bewilligten Pilotprojekten, mit denen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) so genannte „Centers of Excellence“ fördert. In den drei Bereichen „Nachwuchsgruppeninstitut“, „Kernzentrum“ und „Forschungsprofessuren“ arbeiten zur Zeit zehn Arbeitsgruppen auf dem Gebiet der Schlüsselproteine. Außerdem gehört ein Lehr- und Ausbildungsbereich zum Rudolf-Virchow-Zentrum. Ge-meinsam mit den Fakultäten für Biologie und Medizin der Universität Würzburg werden ein Studiengang Biomedizin und eine „Graduate-School“ für Doktoranden angeboten. Das „Public Science Center“, eine eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit, setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein.
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DFG-Forschungszentrum für Experimentelle Biomedizin
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