Der Hexapod aus Dresden
TU Dresden mit insgesamt fünf Exponaten auf der Hannover Messe (23. bis 28. April 2001):
Neues aus dem Maschinenwesen – Der Hexapod aus Dresden
Sechsfüßig ist er und "Felix" heißt er. Entwickelt haben diesen Hexapod (griech.: Sechsfüßer) Wissenschaftler vom Institut für Werkzeugmaschinen und Steuerungstechnik der TUD; gebaut wurde er von der Dr. Mader Maschinenbau GmbH Coswig, einem kleinen sächsischen Unternehmen des Sondermaschinenbaus. "Mit Felix ist uns eine Lösung gelungen, die in sich Vorteile einer herkömmlichen Sondermaschine und eines Gelenkroboters vereint," so Projektleiter Professor Knut Großmann. "Felix arbeitet so genau wie die Sondermaschine, kann aber zudem Werkstücke greifen, bewegen und ablegen wie ein Roboter." Das Geheimnis seiner Fähigkeiten liegt in der Parallelkinematik. Bei konventionellen Werkzeugmaschinen sind die Bewegungsachsen in ihrer funktionellen Wirkungskette in Reihe, also "seriell" angeordnet. Hingegen wird bei "Felix" die gewünschte Bewegung durch die Längenänderungen der gleichwertig nebeneinander, funktionell also parallel angeordneten Teleskopbeine erzeugt – daher wird diese Bauart als Parallelkinematik bezeichnet.
"Die Hexapodstruktur von Felix besteht aus den sechs Teleskopbeinen, die beide Plattformen miteinander verbinden. An ihren Enden sind die baugleichen Stabachsen mit Gelenken ausgestattet, die mit dem Grundgestell verbunden werden," erläutert Professor Großmann. Die Stabmechanik wurde so konstruiert, dass jeweils Dreiecke entstehen, die als stabilste geometrische Struktur gelten. Während die untere, größere Plattform feststehend verankert wurde, ist die obere Plattform dreh- und kippbar gelagert. An ihr ist eine Halterung angebracht, mit deren Hilfe Werkzeuge bzw. Werkstücke – durch Ein- und Ausfahren der Teleskopbeine – auf fast beliebigen Bahnen durch den Arbeitsraum bewegt werden. Ein Computer berechnet und koordiniert die Bewegungen.
Konzeptioneller Schwerpunkt für die Dresdner Wissenschaftler war, einen Prototypen zu entwickeln, der robust, einfach und sicher beherrschbar, vielseitig einsetzbar und vor allem kostengünstig ist. "Wir haben von Anfang an konsequent unter Kostengesichtspunkten konstruiert. Unser Hexapod sollte die Kostengröße eines Roboters besitzen (etwa ein Drittel des Preises einer vergleichbaren 5-Achs-Werkzeugmaschine). Wirtschaftlich interessant ist auch, dass er nicht nur prozessbedingte Bewegungsabläufe zum Bearbeiten ausführt, sondern wegen der relativ langen Verstellwege und der Winkelbeweglichkeit ohne größere Zusatzaufwendungen sich selbst am Rande des Arbeitsraums gespeicherte Werkzeuge oder Werkstücke holen und nach der Bearbeitung wieder ablegen kann. Das ist ein Ergebnis von Eigenschaften der parallelkinematischen Konstruktion," so Großmann.
Realisiert wird das Ganze durch eine anspruchsvolle PC-Steuerung, deren spezifische Software für den Hexapoden die Dresdner selbst entwickelten. Des weiteren ist es möglich, damit Simulationsmodelle aufzubauen, mit denen prozeßaktuell die Statik, Thermik oder die Eigengewichtsverlagerung korrigiert werden. "Man kann sagen, dass die Software, die außer Intelligenz nichts kostet, direkt den Wert der Maschine erhöht. Viele der Aufwendungen, die bei konventionellen Maschinen für die mechanische Genauigkeit getrieben werden müssen, kann in unserem Fall die Software ersetzen, da hier prinzipbedingt stets alle sechs Freiheitsgrade einer Korrektur zugängig sind", erläutert der Professor.
Mit dem Hexapod Felix wurde ein flexibel einsetzbarer Prototyp konstruiert. Mit geringen Aufwendungen kann er modifiziert werden; da keine Antriebe überstehen, kann er auf dem Fußboden, an der Wand oder sogar an der Decke befestigt werden. Er besteht aus relativ einfachen mechanischen Komponenten, die überwiegend als Kaufteile erhältlich sind. Diese Profile, Gewindespindeln und Gelenke sind preiswert, schnell montiert, robust und wartungsarm. Durch die spezifische Konstruktion entstehen zudem aus den statischen Belastungen nur Zug- und Druckspannungen, aber keine Biegemomente.
Felix Einsatzmöglichkeiten reichen von Laserbearbeitung über das Entgraten von Guss-Rohlingen bis zur Formbearbeitung von Holz- und Kunststoffteilen, wo er auch bei hohen Bahngeschwindigkeiten Genauigkeiten von 0,1 Millimeter erreicht. Der Hexapod legte symbolisch am 30. Mai 2000 den Grundstein zur Chipfabrik von Infineon Technologies Dresden.
Kontakt: TU Dresden, Institut für Werkzeugmaschinen und Steuerungstechnik, Professor Knut Großmann, 01062 Dresden, Telefon (03 51) 4 63-43 58, Fax: (03 51) 4 63-70 73, E-Mail: grossmann@iwm.mw.tu-dresden.de oder auf der Hannover Messe, Halle 18, I. OG, Stand M16, "Forschungsland Sachsen", Telefon (05 11) 8 94 76 25
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