Ressourcen- und Energieeinsparungen bei UV-härtenden Lacksystemen
Kunststoffbauteile für Innenraumanwendungen im Automobilbereich werden zunehmend mit Hochglanzlacken beschichtet, wofür standardmäßig lösemittelhaltige 2-Komponentenlacke eingesetzt werden. UV-härtbare Lacksysteme hätten für diesen Einsatzzweck bessere technische Eigenschaften (höhere Kratzfestigkeit) und würden zur Ressourcenschonung beitragen (wesentlich geringere Ausschussquote, keine Lösemittel, 100 % Recycling des Oversprays möglich, deutlich geringerer Energieverbrauch bei der Trocknung).
Weil die sichere Aushärtung auf den oft stark strukturierten Bauteilen aufgrund der heute noch hohen erforderlichen UV-Dosis schwierig ist, kommen UV-Lacke in der Praxis hier nicht zum Einsatz. Das Ziel des im Januar abgeschlossenen Förderprojektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) bestand in der Entwicklung UV-härtender Beschichtungen, die für eine sichere Aushärtung mit einer um bis zu 90 % verminderten UV-Strahlungsdosis auskommen. Damit wird ein prozesssicheres Durchhärten auch auf komplexen Bauteilen möglich.
Zielsetzung:
Verfügbare UV-Lacke in diesen Anwendungen benötigen eine Dosis von 1,5 – 2 J/cm2 in Verbindung mit einer Intensität von 0,7 – 2 W/cm2 für eine definierte Durchhärtung. Das Ziel des Projektes lag in der Entwicklung einer UV-Lacktechnologie, die eine rein UV-induzierte Härtung der Lackschicht auch bei geringen UV-Leistungsdichten ermöglicht und gleichzeitig eine kratzfeste Oberflächenschicht auf Kunststoffen ergibt.
Mit dem neuen System sollte die kritische Dosis auf 0,2 J/cm2 in Verbindung mit einer Intensität von 0,2 W/cm2 reduziert werden. Der favorisierte Lösungsansatz war in zwei Stufen aufgebaut. In der ersten Stufe wurden mit völlig neuen Rezepturen die Grundlagen entwickelt, um auch mit gängigen UV-Lampen bei reduzierter UV-Leistung eine gute Durchhärtung des Lackes zu erreichen, so dass insbesondere dreidimensionale Kunststoffoberflächen gut gehärtet werden können.
Diese erste Entwicklungsstufe war Bestandteil des Projektes. In einer zweiten Stufe (Folgeprojekt) sollen diese Ergebnisse dann auf die Besonderheiten von LEDs als Lichtquelle übertragen werden, die eine einfache Nachführung der Lampen entsprechend der Bauteilgeometrie zulassen und damit die Anwendungsmöglichkeiten weiter verbreitern können.
Einschätzung:
Die Substitution der lösemittelhaltigen durch UV-härtbare Lacke für Hochglanzbeschichtungen auf Kunststoffbauteilen für den Automobilinnenraum bietet viel zukünftiges Potenzial für Umweltentlastungen. Hier sind folgende Aspekte zu sehen. Die Reduktion von VOC-Emissionen aus der Lackierung trägt direkt zum Klimaschutz bei. Der Einsatz UV-härtbarer Systeme ist zudem mit etwa um den Faktor 5 verringertem Energieverbrauch verbunden, da die thermische Trocknung und die Abluftreinigung entfallen. Besonders gravierend ist der Aspekt der Materialeffizienz.
Bei Standard 2-K Lacken ist kein Oversprayrecycling möglich, während dies bei UV-Lacken problemlos ist. Allein hierdurch kann der Lackverbrauch um bis zu 60 % reduziert werden. Dazu kommt eine verringerte Ausschussquote. In sehr anspruchsvollen Anwendungen wie Hochglanzlackierungen liegt sie aufgrund der relativ langen Offenzeit der lösemittelhaltigen Lacke bei bis zu 80 %. Die Beschichtungen mit UV-Systemen liegen dagegen in der Serie bei Ausschussquoten unter 10 %. Falls es also gelingt, UV-Lacke zu entwickeln, die auch unter derart schwierigen Umständen ihre Anforderungen erfüllen, ergeben sich erhebliche zusätzliche Anwendungsperspektiven.
Arbeitsschritte und angewandte Methoden:
Hierzu wurde ein geeignetes Härter- und Lacksystem entwickelt, das eine rein UV-induzierte Härtung der Lackschicht auch bei geringen UV-Leistungsdichten ermöglicht und gleichzeitig eine kratzfeste Oberflächenschicht auf Kunststoffen ergibt. Die bisher nur sehr begrenzte Möglichkeit, UV-Härtetechnologie auf Kunststoffoberflächen umzusetzen, ergibt sich aufgrund der thermischen Belastung der Kunststoffe, die die Maßhaltigkeit negativ beeinflussen. Diese wird verursacht durch den hohen Infrarotanteil der UV-Lampe im emittierten Strahlungsspektrum.
Der favorisierte Lösungsansatz war daher in zwei Stufen aufgebaut. In der ersten Stufe sollten die Grundlagen entwickelt werden, um auch bei reduzierter UV-Leistungsdichte eine gute Durchhärtung des Lackes zu erreichen (auch mit gängigen UV-Lampen), so dass insbesondere dreidimensionale Kunststoffoberflächen gut gehärtet werden können. Dazu wurden die fehlende UV-Intensität und -Dosis chemisch kompensiert. In der zweiten Stufe wurden die Ergebnisse auf reale 3D-Kunststoffteile übertragen und diese Lackschichten mit den gängigen Prüfmethoden der Automobilindustrie geprüft und bewertet.
Ergebnisse und Diskussion:
Durch Variation der Photoinitiatoren, der Reaktivverdünner und der eingesetzten Oligomere in neuen Formulierungen konnten die Anforderung einer guten Durchhärtung auch bei geringer UV-Leistungsdichte und -Dosis erfüllt werden. Besondere Anforderungen ergaben sich durch die geplante Einsatzfähigkeit dieser UV-Lackschichten im Interieur- und Exterieurbereich der Automobilindustrie, die mit Abstand die höchsten Anforderungen an Kratzbeständigkeit, Oberflächenstruktur, Vergilbung oder Oberflächenhärte hat. Im Zuge der Entwicklungen gelang es, Formulierungen für UV-härtende Lacke zu finden, die auch bei sehr geringen Intensitäten von 300 mW/cm² und einer deponierten UV-Dosis von 1000 mJ/m² zu einer kratzbeständigen Oberflächenbeschichtung reproduzierbar durchhärten.
Für spezielle Anwendungsbereiche gelang es sogar, die UV-Intensität auf bis zu 50 mW/cm² und die deponierte UV-Dosis auf 700 mJ/m² zu reduzieren. Da der Lack von den Produkteigenschaften her die Anforderungen potenzieller Kunden erfüllt, ist hinsichtlich der weiteren Schritte geplant, die entwickelten Lacke im praktischen Einsatz zu prüfen. Dazu werden derzeit im anwendungstechnischen Zentrum der Firma Mankiewicz umfangreiche Tests mit den neuen Lacksystemen durchgeführt.
Darüber hinaus war das Projekt in zwei Stufen geplant, und die bisher gewonnenen grundlegenden Ergebnisse werden in der zweiten Phase so weiterentwickelt, dass diese Lacke auch mit UV-LEDs, die hinsichtlich des Emissionsspektrums und der erzielbaren Leistungsdichte weitere Einschränkungen haben, übertragen werden können. Insbesondere fehlt den UV-LEDs das energiereiche und kurzwellige UVC-Licht, was den Verlauf der Vernetzungsreaktion verschlechtert. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse sind aber eine wesentliche Basis, um auch bei solch weiter eingeschränkten Bedingungen der UV-Beleuchtung ein stabiles Beschichtungssystem umsetzen zu können.
Fazit:
Das Projekt wurde insgesamt sehr erfolgreich durchgeführt. Die Entwicklung von UV-härtenden Lacksystemen, die sowohl höchsten technologischen Anforderungen (z. B. Kratzbeständigkeit lt. Automobilanforderung) genügen, als auch mit deutlich reduzierten UV-Leistungsdichten und einer deutlich reduzierten UV-Dosis gehärtet werden können, hat sich als ein schwieriges, aber machbares Projekt dargestellt. Der grundlegende Ansatz, die fehlende UV-Strahlung „chemisch“ zu kompensieren, funktioniert prinzipiell gut und zuverlässig. Die geschickte Auswahl der Photoinitiatoren sowie das zusätzliche Einbringen von Oligomeren und spezifischen Additiven führen andererseits auch zu komplexeren Lackformulierungen, deren Herstellung eine deutlich höhere Anforderung an den Lackproduzenten stellt.
Die erreichten Ergebnisse zeigen, dass auch bei je nach Anwendung um 50 – 90 % abgesenkter UV-Intensität und einer geringen UV-Dosis stabile Prozessfenster gefunden werden können, in denen speziell angepasste UV-Lacke höchsten Anforderungen genügen können. Für spezielle Anwendungen, die keine extremen Anforderungen wie die Automobilindustrie an die Lackoberfläche haben, konnte die notwendige Leistungsdichte sogar auf 50 mW/cm2 reduziert werden. Diese wesentlichen Grundentwicklungen haben einen großen Anwendungsbereich für Kunststoffbeschichtungen. Der anspruchsvollste Markt liegt in der Automobilindustrie. Die bisher verwendeten 2K-Lacksysteme können dabei vollständig durch ökologisch sinnvollere UV-Lacke ersetzt werden und so neben der deutlichen Reduzierung von Lösungsmitteln auch die hohen Energieaufwendungen für das Trocknen und das thermische Aushärten der bisherigen Lackschichten eingespart werden. Da zukünftig der Anteil von Kunststoffoberflächen im Auto weiter steigen wird, bietet das Verfahren darüber hinaus eine große Zukunftsperspektive und eine nachhaltige zukünftige Nutzung. Im Weiteren besteht ein großes Anwendungsgebiet im Bereich der technischen Oberflächen, wo auch verstärkt Kunststoffe zum Einsatz kommen. Der Bewilligungsempfänger arbeitet an der Markteinführung der neuen Lacke. Für die UV-Härtung mit LED-Strahlern, wo es technisch vollständig andere chemisch-technische Rahmenbedingungen gibt, wird in einem aktuell noch laufenden DBU-Projekt eine analoge Lösung entwickelt.
Ansprechpartner zum Projekt:
Projekttitel
Energieeffiziente UV-Lacktechnologie für den Einsatz auf komplex geformte Kunststoffoberflächen
Projektpartner/Stadt/Bundesl.:
Mankiewicz Gebr. & Co. (GmbH & Co. KG), Hamburg
Name: Dr. De Rossi
Vorname: Umberto
Tel., Fax: 040/751030, 040/75103375
AZ: 30681
Fördersumme DBU: 125.000 Euro
https://www.dbu.de/index.php?menuecms_optik=&menuecms=123&objektid=36702…
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