Standortplanung: Produktionskosten sind nicht alles
Jedes dritte Unternehmen, das seine Produktion ins Ausland verlagert, nimmt diese Entscheidung zurück. Besonders hoch ist das Risiko des Scheiterns bei Produktionsverlagerungen aus Kostengründen. Das Fraunhofer-ISI hat die Ursachen untersucht und gibt Tipps zur Bewertung von Produktionsstandorten
Wenn Unternehmen Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern, tun sie dies meist mit Blick auf geringere Personalkosten, aus Gründen der Markterschließung oder um in der Nähe ihrer Schlüsselkunden zu produzieren. Für viele Firmen erfüllt sich aber insbesondere die Hoffnung auf reduzierte Kosten nicht. Das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe hat untersucht, warum so viele Produktionsverlagerungen scheitern. Die Ergebnisse des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts BESTAND liegen nun vor.
Darin kommt das Fraunhofer-ISI zu dem Schluss, dass Kostenargumenten noch immer eine zu hohe Bedeutung beigemessen wird. Rückkehrer bedauern, dass sie Kriterien wie Flexibilität und Qualität zu wenig Beachtung geschenkt haben. Insgesamt sind kostenorientierte Verlagerungen mit einem höheren Risiko des Scheiterns behaftet als Standortentscheidungen, bei denen Märkte und Kunden im Mittelpunkt stehen. Projektleiter Steffen Kinkel sieht vor allem drei Fehler, die Unternehmen immer wieder machen:
– Modernisierungspotenziale am Heimatstandort werden außer Acht gelassen, und es wird nur der gewachsene Ist-Zustand mit den optimiert geplanten Standortalternativen verglichen. Stattdessen müsste das Unternehmen klären, ob nicht der deutsche Standort mit geringeren Investitionen ein besseres Ergebnis bringen könnte.
– Die Kosten für den Aufbau von Netzwerken am ausländischen Standort werden oft unterschätzt. Auf der anderen Seite wird der Wert gewachsener Kooperationen am Heimatstandort nicht ausreichend gewürdigt. Dabei lassen sich Produktivität oder Innovationsfähigkeit durch Kooperationen mit Unternehmen im regionalen Umfeld nicht selten um zehn bis zwanzig Prozent steigern.
– Die Dynamik der zukünftigen Standortentwicklung wird nicht angemessen berücksichtigt. Man verlässt sich auf fragliche Prognosewerte anstatt die Bandbreite künftiger Entwicklungsmöglichkeiten auszuloten. Wichtig ist, dass der Erfolg am Standort regelmäßig überprüft wird.
Im Rahmen des Projekts hat das Fraunhofer-ISI Instrumente zur Standortbewertung entwickelt und erprobt. Sie stehen auch anderen Unternehmen zur Verfügung, die sich mit der Möglichkeit einer Auslandsproduktion auseinander setzen oder ungenutzte Potenziale ihrer Inlandsstandorte überprüfen wollen. Eine Broschüre stellt die Instrumente und erste Erfahrungen anschaulich dar und kann beim Projektleiter bezogen werden. Im Frühjahr erscheint im Springer-Verlag (Heidelberg) das Buch „Erfolgsfaktor Standortplanung“ von Steffen Kinkel (Hrsg.) (ISBN 3-540-20775-9) mit ausführlichen Darstellungen der Forschungsergebnisse, Instrumente und Unternehmenserfahrungen.
Weitere Informationen: Dr. Steffen Kinkel, Telefon: (0721) 6809-311, E-Mail: s.kinkel@isi.fraunhofer.de
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