Zuverlässiges Erkennungsmerkmal für regulatorische T-Zellen gefunden
Lebenswichtige Bremse für das Immunsystem
Für eine kontrollierte Immunantwort gegen Krankheitserreger sind die so genannten regulatorischen T-Zellen – kurz: TR-Zellen – entscheidend. Hat ein Patient zu wenige von ihnen, kann sein Immunsystem leicht überreagieren und den eigenen Körper angreifen. In schweren Fällen führt eine solche Reaktion zu Autoimmunerkrankungen wie etwa Rheuma, multipler Sklerose oder Diabetes Typ 1. Bisher ließen sich TR-Zellen in einem erkrankten Organismus kaum von anderen Zellen des Immunsystems unterscheiden und daher auch schlecht studieren. Das dürfte sich bald ändern: Forscher der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig (GBF) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben jetzt ein Merkmal gefunden, anhand dessen man TR-Zellen leicht identifizieren kann. Es handelt sich um ein spezifisches Oberflächenmolekül, das Neuropilin-1.
Die umfangreiche Klasse der T-Zellen löst bei der Immunreaktion des Körpers unterschiedlichste Prozesse aus, von der Abtötung infizierter Körperzellen bis zur Stimulation anderer Komponenten des Immunsystems. Der spezialiserte Untertyp der TR-Zellen hat die Aufgabe, die Aktivität anderer T-Zellen zu hemmen und so ein „Überschießen“ der Immunreaktion zu verhindern. Forscher unterscheiden die vielen Typen von T-Zellen anhand so genannter Oberflächen-Marker: Molekülstrukturen, die im günstigsten Fall nur auf einem Zelltyp vorkommen und auf allen anderen fehlen.
Für TR-Zellen gab es bislang keinen zuverlässigen Marker: „Man hat sie bisher durch ein Oberflächenmolekül namens CD 25 identifiziert“, erklärt GBF-Wissenschaftlerin Dr. Dunja Bruder. „Aber wenn das Immunsystem aktiv wird – also gerade in einem erkrankten Organismus – bilden auch andere T-Zellen das CD 25-Eiweiß an ihrer Oberfläche.“ Eine Unterscheidung ist dann nicht mehr möglich. Das Eiweiß Neuropilin-1 dagegen, so entdeckten die Forscher jetzt, kommt ausschließlich auf TR-Zellen vor, nicht aber auf aktivierten anderen Immunzellen. Eine überraschende Erkenntnis, wie Dr. Bruder sagt: „Bis vor kurzem hat man das Neuropilin-1 nur bei Nervenzellen gefunden. Welche Rolle es auf Immunzellen spielt, weiß man noch nicht.“
Doch auch ohne Kenntnis seiner Funktion kann Neuropilin-1 als Unterscheidungsmerkmal von hohem Nutzen sein: „Mit seiner Hilfe können wir TR-Zellen von anderen Immunzellen abtrennen und besser studieren“, erklärt GBF-Arbeitsgruppenleiter Professor Jan Buer. „Weil die TR-Zellen die Immunabwehr bremsen, hoffen wir, sie eines Tages gezielt steuern zu können. Mit ihrer Hilfe könnte man vielleicht das Immunsystem nach einer Transplantation ruhig stellen, um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden – oder es andererseits bei Tumor-Erkrankungen und Infektionen gezielt stimulieren.“
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