Der Fingerabdruck von Weißwein
Schwenken, schnüffeln, schlürfen, schmecken: Bislang war die Differenzierung von Weinsorten hauptsächlich eine Sache der Sinne. Könnte es nicht auch einen einfachen Test geben, der die Weine objektiv und belastbar anhand ihrer Zusammensetzung unterscheidet?
Heidelberger Wissenschaftler meinen: ja und stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie zwei chemische Substanzen vor, die in einem einfachen fluoreszenzbasierten Testsystem mindestens 13 Weißweine klar voneinander unterscheiden konnten.
Die chemische Analyse von Weinen prüft normalerweise Weine auf unerlaubte Zusätze oder quantifiziert bestimmte Inhaltsstoffe. Daneben gibt es die ganze Wissenschaft der Weinsensorik, die die Weine allein anhand ihres Erscheinungsbilds, ihres Geschmacks, Geruchs, Gefühls und sogar Geräuschs unterscheidet und einordnet, was letztlich recht subjektiv ist.
Auf der Suche nach einem objektiven Verfahren griffen nun Uwe Bunz und sein Team an der Universität Heidelberg auf Sensorsubstanzen zurück, um einen chemischen Fingerabdruck der Weine zu erstellen. Ein solcher Fingerabdruck spiegelt die Zusammensetzung eines Weins an Alkoholen, Zuckern, Säuren, Vitaminen, Nährstoffen und sekundären Pflanzeninhaltsstoffen wie Tanninen, Flavonoiden etc. wieder. Allerdings vereinigt allein die letztere Gruppe Tausende an verschiedenen Substanzen, was eine normale Analytik schwierig macht.
Bunz und seine Arbeitsgruppe verlegten sich daher auf einen einfachen Fluoreszenznachweis mit bestimmten Polyelektrolyten namens PPE. Diese löslichen und geladenen farbigen Polymere reagieren auf die charakteristischen Weininhaltsstoffe wie Farbstoffe, Zucker und Säuren.
„Die Fluoreszenzreaktion eines Sensorelements auf die Weine erfolgt im Wesentlichen durch einen im Wein enthaltenen Farbstoff“, erklären die Autoren. Während der Farbstoff die Fluoreszenz löscht, wird sie dramatisch durch die im Wein enthaltenen Zucker und Säuren moduliert, was die Wissenschaftler für ihr Testsystem ausnutzten.
Ein kleiner Satz von zwei PPEs und ihr Komplex sei ausreichend, um ein vereinfachtes, aber zuverlässiges Fluoreszenzmuster als spezifischen Fingerabdruck zu erhalten, erklären die Wissenschaftler. Alle getesteten 13 Weine produzierten tatsächlich ihren eigenen optischen Fingerabdruck.
„Nur einer von 52 unbekannten Weinen war falsch zugeordnet, was einer Genauigkeit von 98% entspricht“, schreiben die Forscher. Allerdings war für keinen der Weine außer dem Riesling eine einfache Zuordnung der Rebsorte möglich. Grund sei, so die Autoren, dass die Abbauprodukte der jeweiligen Hefe einen stärkeren Einfluss auf den Fingerabdruck habe als die Rebsorte. An dieser Stelle muss also doch der Mensch mit seinem persönlichen Geschmack einspringen.
Angewandte Chemie: Presseinfo 16/2016
Autor: Uwe H. Bunz, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Germany), http://www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/chemgeo/oci/akbunz/
Link zum Originalbeitrag: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201602385
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
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