Modulare Prototypenfertigung mit dem Laser erlaubt schnellere Gasturbinenentwicklung
Im vergangenen Jahr hat Siemens ein neues Brenner-Testzentrum in Ludwigsfelde bei Berlin in Betrieb genommen. Das »Clean Energy Center« spielt eine große Rolle für die Neu- und Weiterentwicklung von Gasturbinen.
In realitätsnahen Versuchen mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen werden dort verschiedene Turbinenbauteile getestet. Die konsequente Optimierung der Verbrennungsprozesse ist dabei der Schlüssel zu einer höheren Energieeffizienz der Turbinen.
Bei den Versuchen sind einzelne Turbinenteile Temperaturen von 1.500 Grad Celsius und mehr ausgesetzt. Solche Bauteile werden meist aus Superlegierungen im Feingussverfahren hergestellt, was pro Iterationsschleife mehrere Monate dauern kann und mit erheblichen Kosten verbunden ist. Bislang schränkte das die Zahl der möglichen Tests stark ein.
Schnelle Prototypenfertigung mit additivem Laserverfahren
Experten von Siemens und dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen haben jetzt eine laserbasierte Technologie entwickelt, mit der sich Turbinenschaufeln für den Heißgasbereich wesentlich schneller herstellen lassen.
Um den hohen Temperaturen dauerhaft standzuhalten benötigen die Turbinenschaufeln im Inneren komplexe Kühlstrukturen. Gerade bei Prototypen oder Kleinserien mit anspruchsvollen Geometrien hat sich das Selective Laser Melting (SLM) bewährt. Ähnlich wie bei einem 3D-Drucker werden dafür spezielle Legierungen in einem Pulverbett mit dem Laser aufgeschmolzen. Daraus werden dann schichtweise Komponenten aufgebaut.
Am Fraunhofer ILT hat man in den letzten Jahren viel Erfahrung mit den additiven Laserverfahren und Legierungen für hochtemperaturbelastete Bauteile gesammelt. Mit diesem Know-how konnten die Aachener spezielle Prozesse entwickeln, um bei Siemens die relativ großen Bauteile (bis zu 250 mm) mit hoher Maßgenauigkeit und guter Oberflächenqualität zu fertigen.
Neue Fertigungskette mit modularem Aufbau der Turbinenschaufeln
Leitschaufeln sind fest am Gehäuse der Turbine montiert und leiten das heiße Gas auf die beweglichen Laufschaufeln. Die Leitschaufeln bestehen aus zwei massiven Plattformen, und einem Schaufelblatt mit einer filigranen Kühlstruktur. Letztere stellt eine große Herausforderung bei der Fertigung dar, auch bei der Herstellung mit SLM waren zusätzliche Stützen im Inneren nötig.
Mit einer veränderten Prozesskette wurde das Problem jetzt gelöst: Die Plattformen und das Blatt werden dafür getrennt gefertigt und anschließend verlötet. So lassen sich nicht nur die Stützen im Blatt einsparen, sondern auch die Oberflächenqualität verbessern. Am Ende entsteht ein perfektes Bauteil für die nächsten Funktionstests.
Für diese Idee wurden bei Siemens verschiedene Fertigungsschritte optimiert. Nach der Herstellung mit dem Laser werden die Bauteile genau vermessen, nachbearbeitet und anschließend exakt verlötet.
Diese modulare Fertigung von Turbinenschaufeln bietet auch für andere Bauteile ein großes Potential. Einerseits könnten sich so Guss- und SLM-Bauteile verbinden lassen, so dass nur die komplexen oder veränderlichen Bauteile mit SLM zu fertigen sind. Andererseits kann man damit auch schwierige Bauteilgeometrien fertigen, die bislang für das SLM-Verfahren zu groß waren.
Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Jeroen Risse
Gruppe Rapid Manufacturing
Telefon +49 241 8906-135
jeroen.risse@ilt.fraunhofer.de
Dr.-Ing. Wilhelm Meiners
Gruppenleiter Rapid Manufacturing
Telefon +49 241 8906-301
wilhelm.meiners@ilt.fraunhofer.de
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Steinbachstraße 15
52074 Aachen
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Maschinenbau
Der Maschinenbau ist einer der führenden Industriezweige Deutschlands. Im Maschinenbau haben sich inzwischen eigenständige Studiengänge wie Produktion und Logistik, Verfahrenstechnik, Fahrzeugtechnik, Fertigungstechnik, Luft- und Raumfahrttechnik und andere etabliert.
Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Automatisierungstechnik, Bewegungstechnik, Antriebstechnik, Energietechnik, Fördertechnik, Kunststofftechnik, Leichtbau, Lagertechnik, Messtechnik, Werkzeugmaschinen, Regelungs- und Steuertechnik.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…