Fast jedes zweite Unternehmen klagt über schwierigere Finanzierungsbedingungen
Aktuelle Studie von KfW Bankengruppe und Wirtschaftsverbänden
Rund 43 % der Unternehmen in Deutschland hatten im vergangenen Jahr mit schwierigeren Finanzierungbedingungen zu kämpfen. Zu diesem zentralen Resultat kommt eine aktuelle Befragung, die die KfW Bankengruppe in Zusammenarbeit mit 24 Fach- und Regionalverbänden der Wirtschaft im Herbst 2003 unter rund 4.600 Unternehmen aller Größenklassen, Branchen und Regionen durchgeführt hat. Doch trotz der anhaltend problematischen Situation sind erstmals auch positive Entwicklungen erkennbar: Banken und Unternehmen lernen, sich an die neuen Spielregeln im Finanzmarkt anzupassen.
Die am Mittwoch in Berlin vorgestellte Studie mit dem Titel „Unternehmensfinanzierung: Noch kein Grund zur Entwarnung… aber Fortschritte bei der Anpassung an neue Spielregeln des Finanzmarkts“ gibt damit ein differenziertes Bild der Finanzierungsituation der deutschen Wirtschaft wieder. Die Probleme haben sich gegenüber den Vorjahren nicht entspannt, nach wie vor spüren Unternehmen die Tendenz zur restriktiveren und differenzierteren Kreditvergabepolitik der Banken. Allerdings haben die Unternehmen damit begonnen, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen. Sie lernen den Umgang mit Rating, wollen sich anderen Finanzierungsquellen als dem klassischen Bankkredit öffnen und ihre Eigenkapitalquote steigern. Und auch die Banken bekommen die Mittelstandsrisiken besser in den Griff, indem sie ihr Ratinginstrumentarium ausbauen und risikodifferenzierte Konditionen einfordern, aber auch durch eine stärkere Spezialisierung auf bestimmte Kundengruppen.
„Nach einer Phase der Verunsicherung und des Lamentierens setzt sich nun die Erkenntnis durch, dass nicht Klagen, sondern nur Handeln hilft“, kommentierte Hans W. Reich, Sprecher des Vorstands der KfW Bankengruppe, die Studienergebnisse. „Vor Banken und Unternehmen liegt noch ein steiniger Weg, aber sie bewegen sich aufeinander zu!“ Reich unterstrich jedoch: „Trotz erster erfreulichen Tendenzen ist klar: Der Finanzmarktwandel trifft die Unternehmen nach wie vor dramatisch.“ Für viele hätten sich die Finanzierungsbedingungen im Vergleich zum Vorjahr weiter verschlechtert. Die KfW als Förderbank für den Mittelstand sehe sich deshalb weiter gefordert, ihr Förderinstrumentarium auf die veränderten Bedingungen einzustellen: „Wir richten unsere Finanzierungs- und Beratungsangebote weiter konsequent auf den Bedarf des Mittelstands aus“, sagte Reich.
BDI-Präsident Michael Rogowski hält es für bedenklich, dass die Geschäftspolitik der Banken ungleich höheren Einfluss auf die Kreditentscheidung hat als etwa das Rating. Die Probleme liegen offenbar nicht nur auf der Seite der Kreditnachfrage, sondern haben nach der Umfrage ihre Ursachen zu einem wesentlichen Teil bei den Banken. „Es ist alarmierend, dass immer mehr Mittelständler überhaupt keinen Kredit mehr bekommen!“, warnte Rogowski. „Das Schließen der Eigenkapitallücke muss für den Mittelstand zur Chefsache werden. Wir fordern mit Nachdruck eine breit angelegte „Eigenkapitaloffensive“. Im Mittelpunkt muss die nachhaltige Verbesserung der Ertragskraft der Unternehmen stehen. Und hier ist die Politik gefragt insbesondere die Steuerpolitik. Der Reformprozess darf jetzt nicht ins Stocken kommen. Eine erneute „Hängepartie“ können wir uns nicht leisten.“
Weitere zentrale Ergebnisse der Unternehmensbefragung sind:
– 12 % der Unternehmen berichten von einer Ablehnung ihres Kreditantrags vor allem Kleinunternehmen, Handwerker und ostdeutsche Betriebe. Als Hauptgrund für die Ablehnung wurde eine veränderte Geschäftspolitik der Banken genannt.
– Das wachsende Risikobewusstsein der Banken wirkt sich auf große und kleine Unternehmen sehr unterschiedlich aus: Größere Unternehmen spüren v. a. höhere Transparenzanforderungen der Institute, die diese für eine Risikobewertung und die Berechnung risikogemäßer Konditionen benötigen. Für kleinere Unternehmen, die i. d. R. kleinere Kreditbeträge benötigen, lohnt sich diese aufwendige Risikoanalyse kaum: Hier versuchen die Banken, ihr Risiko durch verstärktes Einfordern von Sicherheiten zu begrenzen und lehnen den Kreditwunsch auch häufiger ab.
– Die Innenfinanzierung durch Einbehalten von Gewinnen sowie Bankkredite sind für die Mehrheit der befragten Unternehmen weiter die wichtigsten Finanzierungsinstrumente, doch sie ziehen verstärkt neue Quellen in Betracht. Den stärksten Bedeutungszuwachs messen die Unternehmen dem Leasing und der Beteiligungsfinanzierung bei.
– Fördermittel sind für die Investitionsfinanzierung der Unternehmen von erheblicher Bedeutung. Rund 30 % greifen auf bestehende Angebote zurück, die Förderprodukte der KfW Mittelstandsbank werden dabei am häufigsten genutzt.
– In einem Sonderteil widmet sich die aktuelle Unternehmensbefragung dem Thema „Rating“. Hauptergebnis hier ist: Die deutschen Unternehmen sind sich der Bedeutung des Ratings bewusst. Über 70 % der Befragten kennen die Kriterien, die ihre Hausbank dem Rating zugrunde legt – aber nur die Hälfte der Unternehmen kennt auch das sie betreffende Ratingergebnis.
Mehr als 60 % von ihnen wollen ihr Rating verbessern v. a. durch die Optimierung von Rechnungswesen und Controlling, besseres Forderungsmanagement und die Erhöhung der Eigenkapitalquote. Dass die Umsetzung solcher Maßnahmen sich durchaus auszahlt, belegt ein weiteres Untersuchungsergebnis: 20 % der Unternehmen gelang es, ihr Rating trotz schwierigem konjunkturellen Umfeld zu verbessern.
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