Wie Sauerstoffradikale vor schwerer Malaria schützen können
Bei der schweren Malaria, ausgelöst durch den Parasiten Plasmodium falciparum, kommt es zu gefährlichen Durchblutungsstörungen und neurologischen Komplikationen. Die Malaria-Parasiten (Plasmodien) gelangen über den Stich einer infizierten Anopheles-Mücke in den Menschen, wo sie sich zunächst in den Leberzellen vermehren und dann die roten Blutkörperchen befallen. In diesen Zellen vermehren sie sich erneut und zerstören sie schließlich.
Das Aufplatzen der Blutzellen verursacht die charakteristischen Fieberschübe und die Blutarmut. Die neurologischen Komplikationen bei schwerer Malaria, wie Lähmungen, Krämpfe und schwere Gehirnschäden, kommen dadurch zustande, dass der Erreger spezielle Haftproteine ausbildet, die dafür sorgen, dass die roten Blutkörperchen an den Gefäßwänden haften bleiben und nicht aus dem Verkehr gezogen werden können. Eigens dafür etabliert der Parasit ein Transportsystem in der Blutzelle. Die Folge: Kleinere Blutgefäße verschließen und entzünden sich, Teile des Nervensystems werden nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt.
Die Rolle von Hämoglobinen bei schwerer Malaria
„Diese Fähigkeit der Parasiten, die roten Blutkörperchen an die Gefäßwände anzuheften, ist ein Schlüsselmechanismus der schweren Malaria“, erklärt Prof. Dr. Michael Lanzer, DZIF-Wissenschaftler am Universitätsklinikum Heidelberg. Bereits 2011 konnte Lanzers Arbeitsgruppe diesen Mechanismus grundlegend aufklären. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass Patienten mit der in Afrika häufigen Sichelzellanämie keine schwere Malaria entwickelten.
Damit hatten die Forscher den Hinweis, dass die für diese Krankheit charakteristische erbliche Veränderung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin eine Rolle spielen könnte. In ihren Versuchen zeigten die Heidelberger Forscher, dass ein Abbauprodukt des Hämoglobins, das sog. Ferryl-Hämoglobin, den Transport der speziellen Haftproteine stört und damit letztlich auch die Bindung der roten Blutkörperchen an die Gefäßwände.
Ferryl-Hämoglobin ist ein irreversibel geschädigtes, chemisch verändertes Hämoglobin, das keinen Sauerstoff mehr binden kann. Es wird bei der Sichelzellanämie in größerer Menge gebildet, weil die dort vorkommenden Hämoglobin-Varianten weniger stabil sind.
Sauerstoffradikale können den Schutzmechanismus auslösen
„Uns interessierte nun natürlich, ob und wie man diesen Schutzmechanismus künstlich auslösen kann“, erklärt Lanzer. In ihrer aktuellen Studie zeigen die Forscher, dass aggressive Sauerstoffmoleküle, auch bekannt als Sauerstoffradikale, eine entscheidende Rolle in diesen Prozessen spielen. Sie behandelten Mäuse vor einer Infektion mit dem Nahrungsergänzungsmittel Menadion, das zur Bildung von Sauerstoffradikalen führt.
Die Folge: Die Entwicklung der schweren Malaria wurde abgeschwächt. „Offenbar kann ein Überschuss an Sauerstoffradikalen in den infizierten Zellen auch das stabilere Hämoglobin schädigen; in der Folge entsteht das Abbauprodukt Ferryl-Hämoglobin, das die beschriebene Schutzwirkung vor schwerer Malaria auslöst“, erklärt Lanzer. Damit ähnelt Menadion in seiner Wirkweise der des Sichelzellhämoglobins.
Konsequenzen für die medizinische Forschung
Diese neue Erkenntnis hat Konsequenzen für die Entwicklung von Präventionsstrategien. „Es könnte möglich sein, auf dieser Basis einen Wirkstoff zu entwickeln, der die Erythrozyten so verändert, dass ein Transport der Haftproteine an die Gefäßwände und die anschließende Festsetzung der Erythrozyten mit den bekannten fatalen Folgen ausbleibt“, hofft Lanzer. Die ersten Studien dazu wurden auch von der Bill und Melinda Gates Stiftung unterstützt.
Publikation
Cyrklaff M et al
Oxidative insult can induce malaria-protective trait of sickle and foetal erythrocytes
Nature Communications 7:13401 (2016). Doi: 10.1038/NCOMMS13401
Mehr zum Mechanismus finden Sie hier:
Cyrklaff M et al: Hemoglobins S and C interfere with Actin Remodeling in Plasmodium falciparum-Infected Erythrocytes:
In: Science 2011. DOI: 10.1126/science.1213775
Kontakt
Prof. Michael Lanzer
Universitätsklinikum Heidelberg und
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung
T: +49 6221 56 7844
E-Mail: michael.lanzer@med.uni-heidelberg.de
Dr. Marek Cyrklaff
Universitätsklinikum Heidelberg
T: +49 6221 56 6537
E-Mail: marek.cyrklaff@med.uni-heidelberg.de
http://www.nature.com/articles/ncomms13401 Link zur Publikation
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