Einem neuen, effektiven Fertigungsverfahren auf der Spur
Freude an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU): Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat den Sonderforschungsbereich SFB/Transregio 73 verlängert – damit werden die Wissenschaftler in den kommenden vier Jahren mit rund 4,7 Millionen Euro gefördert. Ihr Ziel in der neuen Phase ist es, die Produktionsverfahren der Blechmassivumformung für die Anwendung in der Industrie weiter zu entwickeln.
Im SFB/Transregio 73 „Umformtechnische Herstellung von komplexen Funktionsbauteilen mit Nebenformelementen aus Feinblechen – Blechmassivumformung“ haben die Forscher die Verfahren der Blech- und der Massivumformung zu einer neuen effektiven Herstellungsmethode zusammengeführt. Bei der Blechumformung entsteht ein Bauteil aus einem ebenen vorgefertigten Blechstück, bei der Massivumformung ist das Ausgangsmaterial dreidimensional. Fast alle produzierenden Industriebranchen wenden diese Techniken an, zum Beispiel formen Unternehmen damit Autotüren oder Flugzeugflügel.
Zwei Verfahrensarten wirken jetzt effektiv zusammen
Beim neuen kombinierten Verfahren der Blechmassivumformung setzen die SFB-Forscher aus verschiedenen Ingenieursdisziplinen auf innovative Ideen. Sie erarbeiten Lösungswege unter anderem aus Sicht der Fertigungs- sowie der Messtechnik, der Mechanik, der Zerspanungstechnik oder der Werkstoffwissenschaften. Denn die Ingenieure müssen verschiedene Abläufe in den Griff bekommen: Wenn sie für ein Bauteil einen Körper aus millimeterdünnem Blech formen, entstehen verdickte und ausgedünnte Bereiche. Dabei ist eine Herausforderung, dass keine Risse oder Löcher entstehen dürfen. Eine Verbesserung – und ganz neu – ist vor allem, dass sie die Bauteile aus Halbzeugen herstellen, die sie selbst vorgefertigt und dabei die Blechdicke stellenweise angepasst haben.
Unter Laborbedingungen funktioniert die neue Methode bereits gut, doch bis auch in der industriellen Produktion alles reibungslos läuft, müssen die Wissenschaftler noch einige Probleme lösen. Sie wollen unter anderem noch Schwankungen im Ablauf des Prozesses untersuchen, die sie im Labor feststellten. So können Temperaturänderungen, Werkzeugverschleiß oder die Art des Schmierstoffs das Produktionsergebnis beeinflussen. Wenn zum Beispiel Blech auf einem Werkzeug aufliegt, hat es nur punktuell Kontakt, der wiederum von Druck und Abmessungen abhängig ist. Die Forscher untersuchen nun, wie sie diesen Kontakt mit einem Schmierstoff oder einer Beschichtung zwischen Blech und Werkzeug oder einer Kombination aus beidem verbessern, aber auch den Werkzeugverschleiß verringern können.
Eine weitere Herausforderung ist es, eine Fertigung in großer Stückzahl zu bewältigen, was in der Grundlagenforschung nicht möglich ist. Dafür brauchen die Wissenschaftler geeignete Industriepartner. In der neuen SFB-Phase arbeiten Ingenieure aus Universität und Industrie hierbei zusammen. So können sie bei der Weiterentwicklung der Blechmassivumformung die industriellen Bedingungen berücksichtigen und erforschen.
Reges Interesse aus der Industrie
Der gesamte SFB hat das Ziel, Bauteile aus Blech so herzustellen, dass sie für noch vielfältigere Zwecke und komplexere Anwendungen einsetzbar sind. In der ersten Phase konnten die Forscher nachweisen, dass das neue Verfahren grundsätzlich machbar ist. In der zweiten Phase übertrugen sie die Methode auf Halbzeuge und zeigten damit, dass sie in der Praxis anwendbar ist. In der dritten Phase wollen die Wissenschaftler die Blechmassivumformung für die Anwendung in der industriellen Fertigung fit machen. Sie eignet sich besonders zur Herstellung von Getriebebauteilen, Sitzverstellvorrichtungen oder Schließelementen für Fahrzeuge. Interessenten aus der Industrie gibt es bereits.
Es geht den Forschern aber auch darum, neue flexiblere Fertigungsprozesse zu entwickeln, mit denen Unternehmen wesentlich wirtschaftlicher produzieren können. „Wir haben es geschafft, die Blech- mit der Massivumformung zusammenzuführen und ein Produktionsverfahren mit viel größerer Anwendungsvielfalt zu entwickeln“, erklärt Prof. Dr. Marion Merklein, die den Lehrstuhl für Fertigungstechnologie leitet und zugleich Sprecherin des SFB ist. Daneben sind an der FAU die Lehrstühle für Technische Mechanik, für Konstruktionstechnik sowie für Fertigungsmesstechnik beteiligt. Etwa die Hälfte der SFB-Forscher arbeitet an der FAU.
Kooperationspartner der FAU sind die Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover und die Technische Universität Dortmund. Insgesamt 10,5 Millionen Euro fließen bis 2021 an die drei Einrichtungen, davon rund 4,7 Millionen Euro an die FAU. Eingerichtet wurde der standortübergreifende SFB/Transregio 73 im Jahr 2009.
Ansprechpartnerin für Medien:
Prof. Dr. Marion Merklein
Tel.: 09131/85-27140
marion.merklein@fau.de
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