Überragender "Argonaut": Intelligenter Roboter gewinnt internationalen Wettbewerb
Das Mineralölunternehmen TOTAL hatte dazu aufgerufen, einen Roboter zu entwickeln, der zur Ferninspektion auf Öl- und Gasplattformen eingesetzt werden kann, um das hohe Risiko für Plattformmitarbeiter künftig zu senken.
Für den Projektleiter der Darmstädter Entwicklergruppe, Professor Dr. Oskar von Stryk, Fachgebiet Simulation, Systemoptimierung und Robotik am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt, der mit seinen Mitarbeitern und Studierenden seit September 2014 an dem Argonauten gearbeitet hatte, war dies die bislang komplexeste Aufgabenstellung für einen intelligenten Serviceroboter in einem industriellen Umfeld.
Eine Öl- und Gasplattform ist extremen Wetterbedingungen ausgesetzt, die der Roboter zu meistern hat. Außerdem musste laut Aufgabenstellung bei den überaus komplexen und vielfältigen autonomen Missionen jederzeit die Fernsteuerung von einem Menschen zeitweise übernommen werden können, wobei der Roboter anschließend wieder problemlos selbständig fortfahren können sollte. Einen derartigen autonomen Roboter gab es bisher weder in der Forschung noch auf dem Markt. Doch genau das machte für Professor von Stryk den Reiz aus, sich in der Wissenschaft und Forschung „am scheinbar Unmöglichen zu versuchen“.
An den Wettbewerbstagen zeigte ein zwölfköpfiges Team der Entwicklergruppe, dass ihr Argonaut unter anderem Missionen auf einer mehrstöckige Testanlage unter sehr unterschiedlichen Bedingungen autonom durchführen kann. Während der Roboter auf seiner Inspektionsrunde Druckmessgeräte, Füllstandsanzeigen und Ventilstellungen mit Hilfe seiner Kameras und weiterer High-Tech-Sensoren überprüfte, musste er dabei auch unerwartete Hindernisse, Wärmequellen, Gasaustritte, Pumpendefekte sowie einen Plattformalarm erkennen, geeignet darauf reagieren und diese einem menschlichen Operator übermitteln, der die Mission überwachte.
Erschwert wurden die Aufgaben durch die widrigen Wetterbedingungen während des Finales. Die Teams hatten mit starkem Regen zu kämpfen. Während einige Teams diese Aufgaben fürchteten, da ihre Roboter noch nicht wasserfest waren, waren die Argonauts gut vorbereitet. Sie hatten noch in Darmstadt etliche Trainingsrunden bei realem und simuliertem Regen auf dem Außengelände des Fachbereichs Informatik mit einer dafür eigens aufgebauten, rutschigen Industrietreppe hinter sich gebracht. Um für weitere komplexe Aufgaben im Wettbewerb gerüstet zu sein, imitierte das Team die Herausforderung „unerwartete Hitzequelle“, die der Roboter selbständig dektektieren sollte, ganz pragmatisch mit Hilfe eines Toasters.
Der Argonaut ist zudem auch sicher bei Gasaustritten, denn er ist bereits heute der weltweit erste autonome Inspektionsroboter mit offizieller ATEX-Zertifizierung. Das heißt, dass er eine explosive Atmosphäre nicht durch seine eigene Elektronik entzündet und deshalb in solchen menschenfeindlichen Umgebungen eingesetzt werden kann. Diese Zertifizierung war eine der wichtigsten Anforderungen der Jury an die zu entwickelnden Roboter.
Der Ehrgeiz, diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden, und die harte Arbeit zahlten sich beim fünftägigen Wettbewerbsfinale im französischen Pau aus. Hier wurde der Argonaut während der zu bewerkstelligenden Missionen von der achtköpfigen Wettbewerbsjury zusammen mit den vier Robotern der anderen Teams intensiv auf den Prüfstand gestellt und gestern (11. Mai) in Paris als Gewinner der ARGOS-Challenge ausgerufen.
Alain Gaulois, Präsident der Jury, betonte, dass die Erwartungen im Finale übertroffen worden seien und die Juroren einstimmig für die Argonauts als Siegerteam votiert hätten. Der mit 500.000 Euro dotierte Preis kommt den Entwicklern am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt und der Kooperationsfirma taurob GmbH für zukünftige Forschungsprojekte zugute.
Mit der großen Vielzahl an Fähigkeiten kann der Argonaut nach weiteren Entwicklungs- und Testphasen zukünftig auch in anderen Bereichen als auf Öl- und Gasplattformen eingesetzt werden. Da er dafür entwickelt wurde, in Gebieten zu operieren, die für Menschen eine Gefahr darstellen, sind Einsatzbereiche wie in der Chemieindustrie oder in der Rettung von Menschenleben naheliegend.
Hinter den Allround-Fähigkeiten des Argonauten steht eine modulare Hardware- und Software-Architektur, die es prinzipiell ermöglicht, einzelne Fähigkeiten in unterschiedlichen Konfigurationen auf weitere Anwendungsbereiche zu übertragen.
Die Entwicklung des Argonaut-Roboters wurde durch TOTAL, das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen von Eurostars und das Land Hessen im Rahmen des LOEWE-Schwerpunkts NICER gefördert.
Ansprechpartner:
TU Darmstadt
Fachbereich Informatik
Fachgebiet Simulation, Systemoptimierung und Robotik
Prof. Dr. Oskar von Stryk
E-Mail: stryk@sim.tu-darmstadt.de
Dr. Stefan Kohlbrecher,
E-Mail: kohlbrecher@sim.tu-darmstadt.de
MI-Nr. 41/2016, Jessica Bagnoli/Natalie Wocko/sip
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Weitere Informationen:
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