Mikroskopie: Scharfer Blick auf empfindliche Proben

Nahaufnahme des neuen Multifunktions-Elektronenmikroskops am KIT M. Balzer/KIT

„Das neue Multifunktions-Elektronenmikroskop ergänzt die vorhandenen Geräte am KIT und öffnet neue Forschungshorizonte“, unterstreicht Professorin Dagmar Gerthsen, Leiterin des Laboratoriums für Elektronenmikroskopie (LEM) am KIT. „Das neue Mikroskop vereint verschiedene Werkzeuge in einem Gerät und erlaubt es damit in wenigen Arbeitsschritten komplementäre Informationen über eine Probe zu gewinnen.“

Üblicherweise verbessert man die Auflösung von Elektronenmikroskopen, indem man die Energie der Elektronen steigert. Dies kann aber dazu führen, dass die Elektronen auch Strukturen in der zu untersuchenden Probe verändern oder zerstören. Das neue Mikroskop nutzt daher vergleichsweise energiearme Elektronen von rund 30 keV.

Es kann sowohl als Rasterelektronenmikroskop (REM) als auch als Rastertransmissionselektronenmikroskop (STEM) genutzt werden. Es bietet daher die Möglichkeit sowohl die Struktur im Inneren einer Probe wie auch deren Oberflächentopographie zu untersuchen. Die nominelle Auflösung des Geräts beträgt rund 0,3 bis 0,6 Nanometer (STEM bzw. REM), was etwa drei bis sechs Atomradien entspricht.

Damit lassen sich in Materialien strukturelle Eigenschaften charakterisieren und mit wichtigen funktionellen Eigenschaften korrelieren, um wesentliche Funktionen zu verbessern oder zu verstehen, etwa die Effizienz von Solarzellen, die chemische Aktivität von Katalysatoren, oder mögliche toxikologische Auswirkungen von Nanopartiklen in biologischen Zellen.

Die Möglichkeit, Proben gleichzeitig mit verschiedenen Detektoren zu untersuchen, macht das Mikroskop besonders leistungsstark. „Dadurch erhalten wir neue Freiheitsgrade bei der Untersuchung, die uns weiter bringen als Auflösung alleine“, erklärt Dr. Erich Müller vom LEM am KIT. Es werden unterschiedliche Wechselwirkungen der Elektronen mit der Probe genutzt, die den Experten neue Erkenntnisse bezüglich Oberflächen- und Volumenbeschaffenheit der Probe liefern.

Mittels Röntgenanalyse wird außerdem deren chemische Zusammensetzung bestimmt. Eine spezielle Kamera für die Abbildung der gebeugten transmittierten oder zurückgestreuten Elektronen erlaubt Rückschlüsse über die kristalline Struktur des untersuchten Materials.

„Wir können nun in einem Gerät chemische und physikalische Eigenschaften der Proben umfassender bestimmen und gewinnen ein tieferes Verständnis des atomaren Aufbaus.“ Die Wissenschaftler am LEM haben das neue Mikroskop in den letzten Jahren zusammen mit dem Hersteller FEI konfiguriert. Es ist das erste ausgelieferte Gerät dieser Art weltweit.

Weitere Forschungsmöglichkeiten eröffnet ein integriertes Fräswerkzeug für die Nanowelt: Ein fokussierter Ionenstrahl, als FIB bezeichnet, kann in der Probe nanometerfeine Gräben ziehen und damit „vergrabene“ Schichten unterhalb der Probenoberfläche freilegen. So lassen sich auch Querschnitte an interessanten Untersuchungsstellen zielgenau nach Bedarf erstellen.

Die Kombination von hochauflösender REM,STEM, sowie FIB und chemischer Analyse in einem Gerät macht das neue Mikroskop zu einer Schlüsseltechnologie in vielen Feldern der Grundlagen- und angewandten Forschung, die es erlaubt, die Auswirkungen von nanoskaligen Strukturen auf Materialeigenschaften zu studieren.

Das Laboratorium für Elektronenmikroskopie des KIT führt eigene Forschung durch, bietet aber auch elektronenmikroskopischen Service für Auftraggeber aus Industrie und Forschung an. Es unterhält eine ganze Flotte von neun Elektronenmikroskopen, die zu verschiedenen Fragestellungen optimale Einblicke liefern. Flaggschiff ist ein FEI Titan mit einer Auflösung von bis zu 0,07 Nanometer.

Die Forschungsaktivitäten liegen in den Bereichen Festkörperphysik, Materialforschung, Nanotechnologie, Chemie und Biologie. Weitere Forschungsschwerpunkte liegen auf der Methodenentwicklung für die Elektronenmikroskopie und Elektronenoptik.

Mehr Information:

https://www.lem.kit.edu/192.php

Video zum LEM am KIT:

https://www.youtube.com/watch?v=7sFynh5TnAM

Weiterer Kontakt:
Kosta Schinarakis, Themenscout, Tel.: +49 721 608 41956, Fax: +49 721 608 43658, E-Mail: schinarakis@kit.edu

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieurs-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 26.000 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Das KIT ist seit 2010 als familiengerechte Hochschule zertifiziert.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.sek.kit.edu/presse.php

https://www.lem.kit.edu/192.php

http://schinarakis@kit.edu
http://www.sek.kit.edu/presse.php

Video: Das Laboratorium für Elektronenmikroskopie (LEM) am KIT

https://www.youtube.com/watch?v=7sFynh5TnAM

Media Contact

Monika Landgraf Karlsruher Institut für Technologie

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…