Rostocker Forscher arbeiten fächerübergreifend an neuer Implantat-Technologie
Im klinischen Alltag werden kranke oder fehlende Zähne längst durch Zahnimplantate ersetzt, denn so wird verloren gegangene Lebensqualität wiederhergestellt. Damit Zahnimplantate allerdings zuverlässig im Kiefer verankert werden können, muss in vielen Fällen der Knochen in der Zahnlücke noch vor der Implantation aufgebaut werden.
Vielfach wird für diesen Kieferaufbau Eigenknochen verwendet, der den Patientinnen und Patienten in einem zusätzlichen chirurgischen Eingriff entnommen wird. Eine beschwerdeärmere Alternative zur Verwendung von Eigenknochen stellen Knochenersatzmaterialien dar. Trotz umfangreicher Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Knochenersatzmaterialien ist der Einheilungsprozess von Knochenersatzmaterialien bis zum heutigen Tag allerdings langwieriger und komplizierter als der Einheilungsprozess von Eigenknochen.
Um die Einheilung von Knochenersatzmaterialien in Zukunft zu verbessern, untersucht die Rostocker Arbeitsgruppe um Professor Bernhard Frerich die Besiedlung von Knochenmaterialien mit patienteneigenen Zellen oder Stammzellen.
Das Gewinnen solcher Zellen kann minimalinvasiv aus Blut und unterschiedlichen Geweben, wie zum Beispiel Fettgewebe erfolgen. Durch die Eigenschaft der Stammzellen, das natürliche Knochenwachstum anzuregen und damit die Knochenneubildung zu beschleunigen, soll das Einheilen des Knochenmaterials verbessert werden.
Hauptziel der wissenschaftlichen Kooperation in dem aktuellen Verbundforschungsprojekt ist es, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem eine gleichmäßige Besiedlung von Knochenmaterialien mit Stammzellen erreicht werden kann. Zu diesem Zweck entwickeln die Forscherinnen und Forscher einen sogenannten Bioreaktor, in dem die Stammzellbesiedlung unter definierten Umgebungsbedingungen erfolgt.
„Neben den experimentellen Untersuchungen im Labor stellt die numerische Strömungssimulation ein wertvolles Werkzeug bei der Entwicklung leistungsfähiger Bioreaktoren dar“, sagt Robert Ott. Mithilfe solcher Strömungssimulationen ist es möglich, die Verteilung der Stammzellen im Knochenmaterial für eine große Anzahl unterschiedlicher Bioreaktoren und Umgebungsbedingungen vorherzusagen und miteinander zu vergleichen.
Obwohl die numerische Strömungssimulation den Entwicklungsprozess der Bioreaktoren deutlich beschleunigt, wird die Funktionsfähigkeit der entwickelten Bioreaktorprototypen abschließend im Labor mithilfe von Zellbesiedlungsexperimenten untersucht. Um die erfolgreiche Stammzellbesiedlung genau zu überprüfen, kommen dabei verschiedene bildgebende Verfahren, wie die Rasterelektronenmikroskopie und die Fluoreszenzmikroskopie zum Einsatz.
Die Auswertungen der ersten Stammzellbesiedlungsexperimente zeigten bereits erfolgsversprechende Ergebnisse. „Mit der Entwicklung eines Bioreaktorprototyps, der eine gleichmäßige Verteilung der Stammzellen im Knochenmaterial ermöglicht, haben wir einen wichtigen Meilenstein des Verbundforschungsprojektes erreicht“, sagt Professor Klaus-Peter Schmitz, Direktor des Instituts für ImplantatTechnologie und Biomaterialien e.V. Im weiteren Verlauf des Projektes, das Ende 2019 abgeschlossen wird, wollen die Forscherinnen und Forscher untersuchen, ob und in welchem Umfang die Stammzellbesiedlung der Knochenmaterialien im Bioreaktor tatsächlich zu einer Verringerung der Einheilzeit führt.
Erst kürzlich stellte Robert Ott seine Forschungstätigkeit zur Stammzellbesiedlung von Knochenmaterialien als einer von sieben jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachgebieten beim ersten Poster-Slam der Graduiertenakademie an der Universität Rostock innerhalb des Forschungscamps 2017 vor. Die jungen Forscherinnen und Forscher mussten dabei in nur drei Minuten ihre wissenschaftlichen Arbeiten einem fachfremden Publikum auf kreative Art und Weise präsentieren. Mit seinem Beitrag „Teeth matter – Stemmcell loading in bone implants“ hat der gebürtige Lübzer Robert Ott den ersten Preis und damit ein individuelles Karriere-Coaching im Wert von 1.000 Euro gewonnen.
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