1,5 Millionen Euro für die Heidelberger Malariaforschung

Die Malariaforscherin Dr. Silvia Portugal untersucht, wie der Malaria-Erreger die Trockenzeit überwindet. Universitätsklinikum Heidelberg

Ohne ausreichend Wasser gibt es keine Anopheles-Mücken – und ohne Mücken keine neuen Malaria-Infektionen des Menschen. Wie übersteht der Malaria-Erreger Plasmodium falciparum also die Trockenzeit in seinen Verbreitungsgebieten, in der es kaum Wasserflächen zur Entwicklung der Mückenlarven gibt?

Diese Frage wird Dr. Silvia Portugal, Nachwuchsgruppenleiterin in der Abteilung Parasitologie am Zentrum für Infektiologie, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg, in den kommenden fünf Jahren erforschen. Ihre Arbeit wird durch einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (European Research Council – ERC) in Höhe von 1,5 Millionen Euro unterstützt. Der ERC Starting Grant ist eine hochdotierte Forschungsförderung der Europäischen Union, mit deren Hilfe Spitzenwissenschaftler Grundlagenforschung und visionäre Projekte vorantreiben sollen.

„Frau Dr. Portugal ist eine unserer herausragenden jungen Wissenschaftlerinnen“, sagt Prof. Dr. Michael Lanzer, Leiter der Abteilung Parasitologie. „Wir sind besonders stolz darauf, dass sie sich entschieden hat, ihre jetzt auch mit dem ERC Starting Grant geförderte Forschung am Universitätsklinikum Heidelberg fortzuführen und nicht an einer anderen Spitzenuniversität.“

Versteckspiel in der Trockenzeit

Die Regenzeit ist in tropischen Ländern auch die Zeit der Malaria-Ausbrüche, denn nur wenn genug Wasser da ist, können die den Erreger übertragenden Anopheles-Mücken sich explosionsartig vermehren. „Die Trockenzeit, in der es nur wenige Mücken gibt, stellt eine Herausforderung für den Malaria-Erreger Plasmodium falciparum dar“, fasst Dr. Silvia Portugal zusammen. Fest steht: Infizierte, aber nicht erkrankte Menschen sind ein wichtiges Übertragungsreservoir für den Parasiten, denn es gelingt ihm, sich während der Trockenzeit so zu verändern, dass die Malaria-Infektion keine Beschwerden verursacht.

Das erfolgreiche Versteckspiel des Erregers scheint genetische Ursachen zu haben: „Unsere vorläufigen Daten geben Hinweise darauf, dass P. falciparum das Ablesen seiner Gene – die Transkription – in der Trockenzeit verändert, während das Immunsystem des Wirts kaum auf den Krankheitserreger reagiert. Dies deutet darauf hin, dass der Parasit sich sehr gut an Zeiträume anpassen kann, in denen keine Mücken zur Übertragung auf neue Wirte zur Verfügung stehen“, sagt Dr. Silvia Portugal.

Wie entzieht sich der Parasit dem menschlichen Immunsystem?

Die Parasitologin möchte in den kommenden fünf Jahren die Mechanismen herausfinden, mit denen der Parasit für das Immunsystem unerkannt bleibt, solange keine Mücken unterwegs sind – und wie er in der folgenden Regenzeit seine Übertragung wieder in Gang setzt. Neben der Erforschung von Signalwegen und Stoffwechselprofilen des Parasiten interessiert sie sich besonders für das sogenannte PfEMP1-Eiweiß: Dieses in verschiedenen Varianten vorkommende Eiweiß sorgt dafür, dass mit P. falciparum infizierte Blutzellen an der inneren Wand von Blutgefäßen festhaften. Sie gelangen somit nicht zur Milz, wo normalerweise kranke und überalterte Zellen aussortiert werden. „Wir möchten untersuchen, welche PfEMP1-Varianten der Parasit während der Trockenzeit exprimiert und wie effektiv diese vom Immunsystem erkannt werden“, so Dr. Silvia Portugal.

Stationen einer Karriere: Porto – Lissabon – São Paulo – Bethesda – Heidelberg

Silvia Portugal, geboren 1980 in Póvoa de Varzim in Portugal, studierte Biologie an der Universität von Porto, promovierte an der Universität von Lissabon und forschte anschließend an der Universität von São Paulo in Brasilien sowie anschließend fünf Jahre lang am National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda, USA. Im Jahr 2016 wurde sie für die Leitung einer vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) geförderten Nachwuchsgruppe am Heidelberger Zentrum für Infektiologie, Abteilung Parasitologie unter Leitung von Prof. Dr. Michael Lanzer ausgewählt. Ihre Forschung wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem im Jahr 2012 mit einem EMBO-Fellowship, 2013 vom „Burroughs Wellcome Fund“ und 2014 bis 2015 mit dem „Fellows Award for Research Excellence“ der Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) der USA

Fakten zur Malaria

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkrankten im Jahr 2015 rund 210 Millionen Menschen an Malaria, circa 430.000 starben daran. Betroffen sind vor allem Länder der Tropen und Subtropen, insbesondere afrikanische Staaten südlich der Sahara. Die Erreger, einzellige Parasiten der Gattung Plasmodium, werden von Stechmücken übertragen und befallen als erstes Leberzellen. Dort entwickeln sie sich zu einer aggressiven Form weiter, die in rote Blutzellen eindringt, sich dort massenhaft vermehrt und die Blutzellen zerstört. Dies verursacht die häufig lebensgefährlichen Symptome der Malaria: Fieber und Blutarmut bis hin zu Organversagen. Es wurden inzwischen zahlreiche Medikamente zur Bekämpfung der Parasiten im Körper entwickelt, gegen die sich jedoch meistens früher oder später Resistenzen entwickeln. Impfstoffe sind in der Entwicklung, zurzeit aber noch nicht auf dem Markt.

Weiter Informationen:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Malaria-6-Portugal.141030.0.html

Kontakt:
Dr. Silvia Portugal
Zentrum für Infektiologie, Parasitologie
Universitätsklinikum Heidelberg
E-Mail: Silvia.Portugal@med.uni-heidelberg.de

Media Contact

Julia Bird idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-heidelberg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…