Innovative Gewebeanalyse: Münchner Ausgründungsprojekt erhält Helmholtz Förderung
Die Untersuchung von Gewebeproben gilt als ein wichtiges Instrument zur Erforschung von Krankheiten und stellt eine tragende Säule der Diagnostik dar. Klassischerweise wird das Gewebe dazu fixiert, zu hauchdünnen Schnitten verarbeitet und auf einen Objektträger aufgebracht, wo es nach einer Färbung mikroskopisch untersucht wird. Neben Gewebestrukturen können auch einzelne Moleküle markiert und sichtbar gemacht werden.
“In Ergänzung kann mit der bildgebenden Massenspektrometrie der Informationsgehalt aus solch einem Gewebeschnitt um tausende von Analyten in-situ* erweitert werden“, erklärt Prof. Axel Walch, Leiter der Abteilung Analytische Pathologie am Helmholtz Zentrum München.
Bei der bildgebenden Massenspektrometrie wird ein Gewebeschnitt Punkt für Punkt mit einem Laser rasterartig gescannt und an jedem Messpunkt ein Massenspektrum aufgezeichnet. Die aufgezeichneten Spektren geben die Information der einzeln gemessenen Moleküle ortsspezifisch im Gewebe wieder. Aus der Gesamtheit der Spektren lässt sich anschließend eine Art molekulare Landkarte erstellen.
Durch die Förderung soll die Technologie nun in die breite Anwendung geführt werden. „Neue diagnostische und pharmakologische Tests zur Verbesserung der Therapie von Krebspatienten sollen im Fokus stehen“, erklärt Antragssteller Dr. Achim Buck. „Unser Ziel ist einen Wandel in der Vorgehensweise der gewebebasierten Diagnostik und Forschung zu erreichen.“
Verbesserte Therapie von Krebspatienten
Das Team um Axel Walch sieht vielfältige Einsatzgebiete für das neue Analyseverfahren, da sowohl gewebeeigene als auch in den Organismus eingebrachte Substanzen dargestellt und objektiv gemessen werden können. „Beispielsweise können wir Medikamente und deren Abbauprodukte im Gewebe nachweisen“, erklärt Achim Buck.
„Aktuell wird ein Großteil des Wissens über Pharmakologie, Toxizität, Pharmakokinetik und Interaktionen zwischen Medikamenten aus der Untersuchung von Surrogaten wie Blutproben oder Gewebehomogenaten** gewonnen. Diese Vorgehensweise ist zwar pragmatisch, allerdings spiegelt sie nicht die tatsächliche molekulare Situation im Gewebe wieder.“
Zudem sind die Bildgebungsexperten in der Lage, krankheitsrelevante molekulare Muster aufzuspüren. Entsprechende Anwendungsmöglichkeiten sehen sie daher in den Bereichen der Wirkstoffanalytik, Diagnostik und Therapie-Vorhersage in der personalisierten Medizin.
Letztere zielt darauf ab, anhand gefundener prädiktiver Marker entsprechende Therapieentscheidungen zu treffen und vorherzusagen, ob der jeweilige Patient auf die Behandlung anspricht. „Der ortsspezifische Nachweis bisher nicht detektierbarer, therapierelevanter Moleküle kann neue Maßstäbe in der Diagnostik setzen“, schließt Achim Buck.
Die Helmholtz-Gemeinschaft fördert die Ausgründung über ihr Programm Helmholtz Enterprise mit rund 100.000 Euro. Weitere 100.000 Euro kommen vom Helmholtz Zentrum München selbst.
Weitere Informationen
* Der Begriff in situ (lat. vor Ort) ist ein Fachbegriff der „in der ursprünglichen Position“ bedeutet. Konkret handelt es sich um die natürliche räumliche Verteilung von Molekülen im Gewebe.
** Gewebehomogenat: Durch mechanische oder chemische Zerkleinerung wird Gewebe zerstört und der zelluläre Inhalt (Homogenat) freigesetzt. Dies ermöglicht zwar eine Analyse der Zellbestandteile, führt jedoch unmittelbar zum Verlust der räumlichen Verteilung einzelner Moleküle im Gewebe.
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. http://www.helmholtz-muenchen.de
Die selbstständige Abteilung Analytische Pathologie (AAP) entwickelt wissenschaftlich in Ergänzung zu klinischen und grundlagenorientierten Forschungseinheiten die translationale Forschung von Erkrankungen, die sich in Geweben manifestieren. AAP beschäftigt sich mit der Übersetzung von z.B. In-vitro-Modellen oder Tiermodellen in die Anwendung am Menschen. AAP verzahnt die grundlagenorientierte Forschung und die diagnostische Anwendung und übersetzt die Erkenntnisse der experimentellen und molekularen Pathologie in Verfahren der Krankheitstypisierung und prädiktiven Diagnostik am Gewebe. http://www.helmholtz-muenchen.de/aap
Ansprechpartner für die Medien:
Abteilung Kommunikation, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg – Tel. +49 89 3187 2238 – E-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de
Fachliche Ansprechpartner:
Dr. Achim Buck, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Abteilung Analytische Pathologie, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg – Tel. +49 89 3187-4133, E-Mail: achim.buck@helmholtz-muenchen.de
Prof. Dr. Axel Karl Walch, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Abteilung Analytische Pathologie, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg – E-Mail: axel.walch@helmholtz-muenchen.de
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