In das Innere von chemischen Reaktionen schauen
Ohne neue Materialien mit speziellen leuchtenden und magnetischen Eigenschaften oder einer besonderen elektrischen Leitfähigkeit würden viele unserer modernen Technologien nicht funktionieren. Sie sorgen für die nötige Beleuchtung in LED-Lampen, Laptop-Displays oder Mobiltelefonen, erhöhen die Energiespeicherdichte in Batterien oder ermöglichen empfindlichere Sensoren.
Welche Mechanismen bei der Entstehung dieser Materialien wirken und wie sich ihre Herstellung noch verbessern lässt, diskutieren ab heute (31. Juli) bis Donnerstag, 2. August, rund 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Brasilien und ganz Deutschland an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU).
Forschende aus der Chemie, Physik und den Ingenieurwissenschaften nehmen an der interdisziplinären Tagung teil. Ziel ist neben dem wissenschaftlichen Austausch insbesondere auch der Aufbau einer internationalen Forschungskooperation. Ein wichtiger Bestandteil davon ist die Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
„Unsere technischen Geräte werden immer kleiner und leistungsfähiger. Dafür benötigen wir die passenden Materialien“, sagt Dr. Huayna Terraschke vom Institut für Anorganische Chemie. Die Entwicklung solcher neuer Materialien ist Thema des deutsch-brasilianischen Workshops, den die Ingenieurin gemeinsam mit Institutsleiter Professor Wolfgang Bensch organisiert hat.
„Was bei der Synthese solcher Materialien auf chemischer Ebene passiert, ist jedoch für die meisten Materialien nicht geklärt. Wenn wir die fundamentalen Prozesse und Mechanismen besser verstehen, ließe sich zum Beispiel die Herstellung von effizienten Batterien und Speichermedien in Zukunft verbessern“, so Bensch. Wenn mehr über die strukturelle Entwicklung von Materialien auf atomarer Ebene bekannt ist, lassen sich künftig auch die Eigenschaften von Materialien gezielter einstellen.
Der dreitägige Workshop in Kiel widmet sich den Mechanismen solcher chemischen Reaktionen aus der Perspektive der Grundlagenforschung. Besonderer Ansatz der Veranstaltung ist die Kombination der Fachexpertisen aus Brasilien und Deutschland: Während die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem brasilianischen Bundesstaat São Paulo ihre Kompetenzen in der Entwicklung neuer Funktionsmaterialien einbringen, haben die Forschenden aus Deutschland langjährige Erfahrung in der „In-situ-“Analyse der Entstehung solcher Materialien.
Diese Untersuchungen laufen während einer chemischen Reaktion ab und ermöglichen, die Einzelschritte bis hin zum finalen Produkt gewissermaßen „live“ zu verfolgen und so zugrunde liegende Mechanismen zu entschlüsseln. Möglich ist dies zum Beispiel durch Nutzung der intensiven Röntgenstrahlung am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY). „Wir freuen uns sehr, Kolleginnen und Kollegen aus Brasilien und ganz Deutschland hier in Kiel begrüßen zu dürfen. Mit diesem Workshop wollen wir den Grundstein für eine intensive bilaterale Zusammenarbeit legen, bei der sich die wissenschaftlichen Expertisen sicherlich sehr wirkungsvoll ergänzen werden“, begrüßte Bensch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Nach dem Eröffnungsvortrag von Professor Hermi Felinto de Brito von der Universität von São Paulo, Experte für die Entwicklung von Leuchtstoffen für LED- und Energiesparlampen, folgen 26 weitere Fachvorträge sowie eine Postersession. Von der Universität Kiel wird Professor Wolfgang Bensch seine Forschung an neuartigen Materialien für Batterien vorstellen, Professor Norbert Stock präsentiert neue poröse Materialien und Dr. Huayna Terraschke erläutert ihre neue Methode, um chemische Reaktionen in-situ zu charakterisieren.
Der dritte Tag des Workshops steht ganz im Zeichen der Nachwuchsförderung: Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und Brasilien stellen ihre Projekte vor und erhalten so die Gelegenheit, ihre Forschung mit hochkarätigen Expertinnen und Experten auf internationaler Ebene zu diskutieren. “Um diese internationale Zusammenarbeit nachhaltig zu festigen, wollen wir junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler frühzeitig einbinden”, betont Terraschke.
Zum Abschluss werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einem Besuch des DESY in Hamburg einige der zuvor vorgestellten Analysemethoden vor Ort kennenlernen. Die enge Kooperation mit einem der weltweit führenden Beschleunigerzentren ist einer der Erfolgsfaktoren für die langjährige Kieler Erfahrung in der Erforschung von chemischen Reaktionen in Echtzeit.
Die Tagung wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Stiftung zur Forschungsförderung im Staat São Paulo (FAPESP).
Bildmaterial steht zum Download bereit:
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Bildunterschrift: Professor Wolfgang Bentsch begrüßte die rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Brasilien und ganz Deutschland.
© Julia Siekmann, Uni Kiel
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Bildunterschrift: Professor Hermi Felinto de Brito von der Universität von São Paulo eröffnete die Tagung mit einem Vortrag zur Entwicklung von Leuchtstoffen für LED- und Energiesparlampen.
© Julia Siekmann, Uni Kiel
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Bildunterschrift: Dr. Huayna Terraschke, Mitorganisatorin des Workshops, stellt ihre neue Methode vor, um chemische Reaktionen „live“ zu analysieren.
© Julia Siekmann, Uni Kiel
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Bildunterschrift: Der Workshop in Kiel soll den Grundstein legen für eine langfristige internationale Zusammenarbeit zur Entwicklung neuer Nanomaterialien.
© Julia Siekmann, Uni Kiel
Details, die nur Millionstel Millimeter groß sind: Damit beschäftigt sich der Forschungsschwerpunkt »Nanowissenschaften und Oberflächenforschung« (Kiel Nano, Surface and Interface Science – KiNSIS) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Im Nanokosmos herrschen andere, nämlich quantenphysikalische, Gesetze als in der makroskopischen Welt. Durch eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Physik, Chemie, Ingenieurwissenschaften und Life Sciences zielt der Schwerpunkt darauf ab, die Systeme in dieser Dimension zu verstehen und die Erkenntnisse anwendungsbezogen umzusetzen. Molekulare Maschinen, neuartige Sensoren, bionische Materialien, Quantencomputer, fortschrittliche Therapien und vieles mehr können daraus entstehen. Mehr Informationen auf http://www.kinsis.uni-kiel.de
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Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Bensch
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