Weltkleinster Transistor schaltet Strom mit einzelnem Atom in festem Elektrolyten

Die Grenze der Miniaturisierung erreicht der Einzelatom-Transistor, der in einem Gel-Elektrolyten funktioniert. Abbildung: Arbeitsgruppe Professor Thomas Schimmel/KIT

Die Digitalisierung bedingt einen enormen Energiebedarf: In Industrieländern ist die Informationstechnologie derzeit für mehr als zehn Prozent des Stromverbrauchs verantwortlich. Zentrales Element der digitalen Datenverarbeitung ist der Transistor – ob in Rechenzentren, PCs, Smartphones oder in eingebetteten Systemen für viele Anwendungen von der Waschmaschine bis zum Flugzeug.

Auf einem aktuell für wenige Euro erhältlichen USB-Speicherstick befinden sich bereits mehrere Milliarden Transistoren. Der von Professor Thomas Schimmel und seinem Team am Institut für Angewandte Physik (APH) des KIT entwickelte Einzelatom-Transistor könnte künftig erheblich zur Energieeffizienz in der Informationstechnologie beitragen:

„Mit diesem quantenelektronischen Element sind Schaltenergien möglich, die um einen Faktor 10 000 unter denen herkömmlicher Siliziumtechnologien liegen“, sagt der Physiker und Nanotechnologie-Experte Schimmel, der am APH, am Institut für Nanotechnologie (INT) und am Materialwissenschaftlichen Zentrum für Energiesysteme (MZE) des KIT forscht.

Seit diesem Jahr ist Professor Schimmel, der als Pionier der Einzelatom-Elektronik gilt, zudem Co-Direktor des Center for Single Atom Electronics and Photonics, eines gemeinsamen Zentrums des KIT und der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich.

In der Zeitschrift Advanced Materials präsentieren die Karlsruher Forscher den Transistor, der die Grenze der Miniaturisierung erreicht. Die Wissenschaftler haben dafür zwei winzige Metallkontakte gefertigt, zwischen denen eine Lücke in der Breite eines einzigen Metallatoms besteht.

„Über einen elektrischen Steuerimpuls schieben wir ein einziges Silberatom in diese Lücke – der Stromkreis ist geschlossen“, erklärt Professor Thomas Schimmel. „Schieben wir das Silberatom wieder heraus, ist der Stromkreis unterbrochen.“

Der kleinste Transistor der Welt schaltet Strom somit über die kontrollierte reversible Bewegung eines einzigen Atoms. Anders als konventionelle quantenelektronische Bauteile funktioniert der Einzelatom-Transistor allerdings nicht erst bei extrem tiefen Temperaturen nahe dem absoluten Temperaturnullpunkt von minus 273 Grad Celsius. Er arbeitet bereits bei Raumtemperatur – ein entscheidender Vorteil für zukünftige Anwendungsmöglichkeiten.

Mit dem Einzelatom-Transistor haben die Forscher am KIT einen technologisch völlig neuen Ansatz verwirklicht: Der Transistor besteht ausschließlich aus Metall und kommt ohne Halbleiter aus. Die Folge sind extrem niedrige elektrische Spannungen und damit ein extrem niedriger Energieverbrauch.

Bisher war der Karlsruher Einzelatom-Transistor auf einen flüssigen Elektrolyten angewiesen. Nun hat Thomas Schimmel mit seinem Team erstmals einen Transistor hergestellt, der in einem festen Elektrolyten funktioniert: Der durch Gelieren eines wässrigen Silberelektrolyten mit pyrogenem Siliziumdioxid entstandene Gel-Elektrolyt verbindet die Vorteile eines Feststoffs mit den elektrochemischen Eigenschaften einer Flüssigkeit und verbessert damit sowohl die Sicherheit als auch die Handhabung des Einzelatom-Transistors.

Weitere Informationen: http://www.schimmel-group.de

Originalpublikation:

Fangqing Xie, Andreas Peukert, Thorsten Bender, Christian Obermair, Florian Wertz, Philipp Schmieder, and Thomas Schimmel: Quasi-Solid-State Single-Atom Transistors. Advanced Materials. Adv. Mater. 2018, 30, 1801225. DOI: 10.1002/adma.201801225

Abstract online unter
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/adma.201801225

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 25 500 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Dr. Joachim Hoffmann
Redakteur/Pressereferent
Tel.: +49 721 608-21151
joachim.hoffmann@kit.edu

https://www.kit.edu/kit/pi_2018_097_weltkleinster-transistor-schaltet-strom-mit-…

https://www.kit.edu/kit/pi_2018_097_weltkleinster-transistor-schaltet-strom-mit-…
http://joachim.hoffmann@kit.edu
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/adma.201801225
http://www.schimmel-group.de

Media Contact

Monika Landgraf Karlsruher Institut für Technologie

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…