Nanoreaktoren nach natürlichen Vorbildern gebaut

Katalytisch aktive Einzelketten-Nanopartikel nach biologischen Vorbildern haben Wissenschaftler des KIT und der QUT in Brisbane/Australien entwickelt. Abbildung: Ella Maru

Die Katalyse, bei der ein Stoff eine chemische Reaktion beschleunigt und dabei selbst unverändert bleibt, besitzt zentrale Bedeutung für viele industrielle Prozesse. Um effiziente, auf verschiedene Anwendungen abstimmbare Katalysatoren zu entwickeln, haben sich Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen im Sonderforschungsbereich „Molekulare Strukturierung weicher Materie“ (SFB 1176) des KIT an biologischen Vorbildern orientiert:

Die Chemiker führten den Aufbau natürlicher Enzyme mit dem Design synthetischer Makromoleküle zusammen. Wie die Wissenschaftler im Journal of the American Chemical Society berichten, sind ihre Arbeiten von der Struktur von Metallo-Enzymen – katalytisch aktiven Proteinen, die ein Metall enthalten – inspiriert: Sie bringen Metallionen gezielt in ein maßgeschneidertes Polymergerüst ein. Ergebnis sind katalytisch aktive Einzelketten-Nanopartikel.

„In ersten Untersuchungen haben wir mit diesen neuen multifunktionalen Nanoreaktoren vielversprechende Ergebnisse erzielt, was die katalytischen Eigenschaften wie auch die Produktgestaltung betrifft“, erklären Professor Christopher Barner-Kowollik, Leiter der Arbeitsgruppe Makromolekulare Architekturen am Institut für Technische Chemie und Polymerchemie (ITCP) und Professor Peter Roesky, Leiter des Lehrstuhls für Anorganische Funktionsmaterialien am Institut für Anorganische Chemie (AOC) des KIT.

Originalpublikation: Hannah Rothfuss, Nicolai D. Knöfel, Peter W. Roesky, and Christopher Barner-Kowollik: Single-Chain Nanoparticles as Catalytic Nanoreactors. Journal of the American Chemical Society. 2018. DOI: 10.1021/jacs.8b02135. Abstract unter: https://pubs.acs.org/doi/10.1021/jacs.8b02135.

Der SFB „Molekulare Strukturierung weicher Materie“

Die katalytisch aktiven Einzelketten-Nanopartikel sind ein Ergebnis des am KIT koordinierten Sonderforschungsbereichs „Molekulare Strukturierung weicher Materie“ (SFB 1176) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in enger Zusammenarbeit mit der Queensland University of Technology (QUT) in Brisbane/Australien. In dem SFB arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an theoretischen, analytischen und synthetischen Verfahren, um beispielsweise die Kettenlänge oder die Reihenfolge der einzelnen Bausteine großer Moleküle gezielt zu steuern. Ziel ist, weiche Materie in drei Dimensionen kontrolliert auf molekularer Ebene zu strukturieren, um präzise gestaltete Makromoleküle für genau definierte Funktionen zu erhalten.
Weitere Informationen zum SFB 1176: http://www.sfb1176.de

Chemische Passwörter und molekulare Gewebe

Im SFB 1176 haben Forscher des KIT auch einen sicheren Weg erschlossen, digital übertragene sensible Informationen zu schützen: Sie verbanden Informatik und Chemie und kombinierten ein gängiges Verschlüsselungsverfahren mit einem chemischen Passwort. Dabei handelt es sich jeweils um eine chemische Verbindung mit einer bestimmten Abfolge von Bausteinen und daran angehängten Seitenketten; den chemischen Komponenten sind Buchstaben und Ziffern zugewiesen.
Weitere Informationen: https://www.kit.edu/kit/pi_2018_044_agent-007-organische-molekule-als-geheimnist…

Ein weiteres Highlight des SFB 1176 sind am KIT hergestellte zweidimensionale Textilien aus monomolekularen Polymerfäden. Um diese nur eine Moleküllage dicken Gewebe zu fertigen, nutzten die beteiligten Forscher auf Oberflächen verankerte metallorganische Gerüste, am KIT entwickelte SURMOFS, sozusagen als Webstühle. Die Polymerfäden werden ausschließlich von den durch das Webmuster bedingten mechanischen Kräften zusammengehalten, sodass die molekularen Gewebe ebenso flexibel wie herkömmliche Textilien sind.
Weitere Informationen: https://www.kit.edu/kit/pi_2017_020_metallorganische-gerueste-fungieren-als-webs…

Tagung „Dimensional Control of Polymer Materials – From Synthesis to Function“

Das Design von Polymermaterialien aus präzise strukturierten Makromolekülen steht nun auch im Focus der Tagung „Dimensional Control of Polymer Materials – From Synthesis to Function“ vom 24. bis 27. September 2018 am KIT Campus Süd (Tulla-Hörsaal im Gebäude 11.40; Englerstraße 11, 76131 Karlsruhe). Dabei handelt es sich um das alle zwei Jahre stattfindende Treffen der Fachgruppe Makromolekulare Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), dieses Jahr gemeinsam mit dem SFB 1176 „Molekulare Strukturierung weicher Materie“. Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind zu der Tagung herzlich eingeladen. Zu den Referenten gehören renommierte internationale Wissenschaftler ebenso wie Doktoranden und Postdocs des SFB. Einen Plenarvortrag über „Precision Polymerizations and Precision Polymers“ hält der japanische Polymerchemiker Professor Mitsuo Sawamoto. Nachwuchswissenschaftler können in einem Post Graduate Workshop mit Vertretern der Industrie in Kontakt kommen. Zu der Tagung werden rund 200 Teilnehmer erwartet.
Anlässlich der Tagung zeichnet die GDCh die Chemikerin Professorin Brigitte Voit vom Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden mit dem Hermann-Staudinger-Preis aus. Voit hat sich besonders um die Forschung zu hyperverzweigten Polymeren, neuartigen Coatings und biofunktionalen Systemen verdient gemacht.

Komplettes Programm unter www.gdch.de/makro2018

Weitere Materialien:

Publikation im Journal of the American Chemical Society (Abstract): https://pubs.acs.org/doi/10.1021/jacs.8b02135

Programm und weitere Informationen zur Tagung von GDCh und SFB 1176 am KIT: www.gdch.de/makro2018

Details zum KIT-Zentrum Materialien: http://www.materials.kit.edu

Bildunterschrift: Katalytisch aktive Einzelketten-Nanopartikel nach biologischen Vorbildern haben Wissenschaftler des KIT und der QUT in Brisbane/Australien entwickelt. (Abbildung: Ella Maru)

Weiterer Kontakt:

Dr. Sabine Fodi, Redakteurin/Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-21154, E-Mail: sabine.fodi@kit.edu

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 25 500 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

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Monika Landgraf Karlsruher Institut für Technologie

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