Vorsicht, geschmacklos! Viren und antibiotikaresistente Bakterien in Lebensmitteln
Salmonellen in Eiern, Noroviren in Tiefkühlbeerenobst, Hepatitis E-Viren in Haus- und Wildschweinen und antibiotikaresistente Keime in Fleisch:
Pathogene Mikroorganismen gehören zu den häufigsten Ursachen für lebensmittelbedingte Erkrankungen. Jedes Jahr verursachen sie mehr als 100.000 Erkrankungen in Deutschland – manche davon tödlich. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich im November 2018 zwei Symposien des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) mit mikrobiellen Risiken in Lebensmitteln: „Lebensmittel-assoziierte Viren“ am 7. November und „Antibiotikaresistenz in der Lebensmittelkette“ am 8./9. November.
„Mikrobielle Risiken sind im öffentlichen Bewusstsein angekommen“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Unsere aktuelle repräsentative Bevölkerungsumfrage, der BfR-Verbrauchermonitor, zeigt, dass 97 % der Befragten von Salmonellen in Lebensmitteln, bzw. 89 % von Antibiotikaresistenzen gehört haben; die Mehrheit der Befragten gibt an, dass sie diese Themen beunruhigen.
Dabei ist jeder in der Lage, durch entsprechende Küchenhygiene das persönliche gesundheitliche Risiko zu minimieren.“ Der Antibiotikaeinsatz im Stall ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig sinken die Resistenzraten in vielen Bereichen der Tierhaltung, allerdings in unterschiedlichem Maße und nicht in allen Bereichen.
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Die Zahl lebensmittelbedingter Krankheiten, die durch Viren verursacht werden, nimmt stetig zu. So wird immer häufiger Hepatitis E über Lebensmittel von infizierten Schweinen und Wildtieren übertragen. Auch die Fälle lebensmittelbedingter Infektionen mit Noro- und Hepatitis A-Viren steigen. Um der wachsenden Bedeutung dieser Viren gerecht zu werden, wurde ein Europäisches Referenzlabor für durch Lebensmittel übertragbare Viren geschaffen. Wenngleich sich die Nachweismethoden für Viren in Lebensmitteln in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, besteht immer noch umfangreicher Forschungsbedarf dazu, wie diese Viren übertragen werden und welche Maßnahmen ihre Verbreitung verhindern können.
Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung war in den letzten Jahren in Deutschland stark rückläufig. Seit 2011 werden in Deutschland die Mengen antimikrobieller Tierarzneimittel erfasst, die an Tierärzte abgegeben werden. Seither gehen diese Mengen kontinuierlich von 1706 Tonnen (t) im Jahr 2011 um 57 % auf etwa 733 t im Jahr 2017 zurück, bei gleichzeitig weiter steigender Produktionsmenge von Fleisch. Auch die Therapiehäufigkeit mit Antibiotika nimmt bei Nutztieren in Deutschland ab, wie das Forschungsprojekt VetCAb (Veterinary Consumption of Antibiotics) des BfR zeigt.
Im gleichen Zeitraum gingen die Antibiotikaresistenzen bei einigen Bakterien in der Lebensmittelkette zurück. Eine Studie für den Zeitraum von 2009 bis 2016 zeigt, dass bei natürlich vorkommenden E. coli in Masthühnern und Puten der Anteil resistenter Keime gegen die Mehrzahl der in der Studie getesteten Antibiotika signifikant gesunken ist.
Insbesondere Wirkstoffklassen, die in großen Mengen bzw. häufig bei Nutztieren eingesetzt werden, zeigen sowohl bei den Verbrauchsmengen als auch bei den Resistenzraten von E. coli einen rückläufigen Trend. Allerdings zeigt die Studie auch, dass in beiden Mastgeflügelketten weiterhin hohe Resistenzraten bestehen, so dass sie als Quelle für resistente Keime und deren Resistenzgene beim Menschen weiter von erheblicher Bedeutung sein können.
Keine Entwarnung besteht für die Antibiotikagruppe der Fluorchinolone. Gegen diese sind die Resistenzen bei einigen Bakterienarten in den letzten Jahren gestiegen. Für sie gab es auch keine deutlich rückläufige Tendenz in der Therapiehäufigkeit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen daher, diesen Trend zukünftig genau zu beobachten.
Eine besondere Herausforderung für das Gesundheitswesen sind Resistenzen gegen sogenannte Reserve-Wirkstoffe. Diese werden in der Humanmedizin eingesetzt, wenn die Wirksamkeit anderer Antibiotika bereits ausgeschlossen wurde. Ein bedeutender Vertreter aus der Reihe der Reserve-Wirkstoffe ist das Polypeptid-Antibiotikum Colistin.
Aufgrund der Zunahme von Resistenzen gegen andere Substanzen wurde dieser Wirkstoff von der Weltgesundheitsorganisation in seiner Bedeutung hochgestuft. Die Substanz gehörte jedoch bisher zu den am häufigsten eingesetzten Substanzen in der Tierhaltung. Auf Grund ihrer Bedeutung sind weltweite, koordinierte Maßnahmen nötig, um die Ausbreitung von Colistin-Resistenzen einzuschränken. Dafür ist in der Zukunft eine restriktive Anwendung solcher Reserve-Wirkstoffe zwingend erforderlich.
Für das BfR ist die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen ein zentrales Thema. Neben der Aufgabe des Nationalen Referenzlabors für Antibiotikaresistenz, zahlreichen Forschungsprojekten, Tagungen und Symposien zu Antibiotikaresistenzen beschäftigt sich das BfR auch damit, den Antibiotikaverbrauch in Tierbeständen tierartenbezogen zu erfassen.
Es versucht, die Auswirkungen in der Humanmedizin abzuschätzen und Konzepte zu entwickeln und zu validieren, um die Häufigkeit von antibiotikaresistenten Keimen zu reduzieren. Dies geschieht im Sinne des „One Health-Konzepts“ im Verbund mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Tierhaltung, Veterinärmedizin, Biologie und der Humanmedizin im In- und Ausland.
In den vergangenen Jahren haben staatliche Instanzen weltweit Maßnahmen ergriffen, um die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen einzudämmen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat einen „Globalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen“ ins Leben gerufen, und die Bundesregierung hat mit der Deutschen Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART 2020) Konzepte entwickelt, um Antibiotikaresistenzen zu reduzieren. Dazu gehört u. a. die 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes vom April 2014, die dazu dient, den Einsatz antimikrobieller Tierarzneimittel in Mastbetrieben valide zu erfassen. Betriebe, die mehr Arzneimittel anwenden als Vergleichsbetriebe, müssen Pläne erstellen und Maßnahmen ergreifen, um diesen Einsatz zu reduzieren.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
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